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Hörspiel. Form und Funktion.

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Das Geräusch<br />

Was für die Musik im <strong>Hörspiel</strong> gilt: daß sie hinter dem Wort zurücktreten soll, das gilt erst<br />

recht für das Geräusch. Hat man in der Frühzeit des Experimentierens mit dem neuen<br />

Medium die Bedeutung dessen, was man in Anlehnung an das unerreichbare Theater<br />

»Geräuschkulisse« nannte, kurze Zeit stark überschätzt, so kam man in den späteren<br />

Jahren zur völligen Verdammung jeder»akustischen Eselsbrücke«. Es waren nicht die<br />

schlechtesten Autoren, die ihre Texte so anlegten, daß alles, was der Raumvorstellung<br />

des Hörers Anhaltspunkte zu bieten hatte, durch das Wort verdeutlicht wurde. Dieser Weg<br />

ließ sich beschreiten, wenn die Handlung ins Innere der Gesprächspartner verlegt war, er<br />

hat sich aber auch dort als begehbar erwiesen, wo im Sinne des überwiegend epischen<br />

Spiels die Darstellung der äußeren Vorgänge dem Erzähler oder der in den Dialog<br />

eingegangenen Erzählung anvertraut werden konnte.<br />

Das akustische Kunstwerk kennt nur das Nacheinander <strong>und</strong> - im Zusammenklang<br />

mehrerer Stimmen, einer oder mehrerer Stimmen mit Musik, vielleicht auch mit<br />

Geräuschen - das akustische Miteinander, in keiner <strong>Form</strong> aber das raumgeb<strong>und</strong>ene<br />

Nebeneinander. Das bedeutet, daß man den Hörer im Gegensatz zum Zuschauer nicht<br />

einfach »ins Bild setzen« kann, daß man ihn vielmehr Schritt für Schritt ins Bild<br />

hineinführen muß. Weil er sich aber, wo das Räumliche eine Rolle spielt, im Zustand<br />

eines Blinden befindet, dessen Raumorientierung ausschließlich auf akustischen<br />

Wahrnehmungen beruht, darf das Bild, in das schrittweise hineingeführt wird, nicht allzu<br />

reich gegliedert <strong>und</strong> nur mit einer begrenzten Zahl von Menschen angefüllt sein, denn das<br />

additive Erlebnis akustischer Eindrücke beansprucht das Gedächtnis <strong>und</strong> das<br />

Unterscheidungsvermögen besonders stark.<br />

Der R<strong>und</strong>funk verfügt über künstlerisch einwandfreie <strong>und</strong> hochwertige Möglichkeiten,<br />

wenn er autonom handelt; begibt er sich aber aus falschem Ehrgeiz, Mangel an Phantasie<br />

oder aus Bequemlichkeit dramaturgisch in die Abhängigkeit der Bühne oder auch des<br />

Films, so müssen seine Bemühungen scheitern.<br />

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