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Hörspiel. Form und Funktion.

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Möglichkeiten des <strong>Hörspiel</strong>s führte diese Forderung weit weg, aber die Beispiele, die sich<br />

ihm zur Analyse boten, schienen Pongs recht zu geben.<br />

Ethos eines menschlichen Kollektivs, funkische Spannung durch Funksprüche (»Krassin<br />

rettet Italia«), Weltsolidarität, funkisches Tempo als Erscheinungsform des »Im-Moment-<br />

Seins« als der zwar einseitigen, aber folgerichtigen Stilform eines Funkspiels: das waren<br />

Schlagworte, die dem Zeitempfinden, dem »Leben in dieser Zeit« entsprachen, an deren<br />

Dynamik man sich berauschte. Wo aber eine lyrische Haltung erkennbar wird, wo das<br />

Spiel sich der Kantate oder dem Oratorium nähert (Schirokauer) oder der »lyrischen<br />

Serienform« (Kästner), da ist das Lyrische der gleichzeitig von dem Berliner Kritiker<br />

Ihering geforderten »Einfrostung der Gefühle« ausgesetzt, deren sprachliche Gestaltung<br />

heute <strong>und</strong>erstatement heißt. Brechts »Lindberghflug« mit seinem gewollten Verzicht auf<br />

alles Ästhetische dient Pongs als Beispiel für die neue technische Gesinnung, die<br />

zugleich auch »die Radiogesinnung« sei, die eine reine didaktische Eigenform geschaffen<br />

habe. So klug Pongs bisweilen formuliert hat, sprach er doch aus allzu dichter Nahsicht<br />

Gedanken als endgültige Erkenntnisse aus, die nur auf Eindrücken von Teilaspekten des<br />

R<strong>und</strong>funkmöglichen beruhten.<br />

Zwei Jahre nach Pongs meldete sich zum erstenmal der Historiker zum Wort: Richard<br />

KOLB. »Das Horoskop des <strong>Hörspiel</strong>s« gibt bereits einen Rückblick auf drei<br />

Entwicklungsstadien, in denen die Geräuschkulisse, die Hörmontage <strong>und</strong> das Hörbild<br />

kulminiert habe, im steten Suchen nach der <strong>Form</strong>. Weil aber <strong>Form</strong> ohne gemäßen Inhalt<br />

nicht möglich ist, mußte auch sie unvollkommen bleiben. Zudem waren die<br />

Experimentatoren zunächst keine Dichter, sondern Bastler mit neuen Ausdrucksmitteln.<br />

Das wird bei Kolb nicht deutlich genug. Kolb spricht als erster aus, daß der Hörer nicht<br />

zum Funk, sondern der Funk zum Hörer kommt <strong>und</strong> daß das neue Medium Beziehung <strong>und</strong><br />

Spannung der Einzelhörer untereinander nicht erfüllen könne, weil der damals noch<br />

gebräuchliche Kopfhörer von der Umwelt abschließe. Daß solche Isolierung eine ganz<br />

neue Erlebnisform erschloß, hat er nicht erkannt.<br />

Die R<strong>und</strong>funkapparatur vom Mikrophon bis zum Empfangsgerät sei ein großes<br />

Instrument. Es bewirke eine Umformung der Laute. Dieses Instrument könne<br />

künstlerisches Instrument, Übertragungsinstrument <strong>und</strong> auch mechanisches Instrument<br />

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