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Hörspiel. Form und Funktion.

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Menschen« postulierte. Auch Beckett spiegelt nicht, sondern trauert über die<br />

Trostlosigkeit des menschlichen Schicksals, <strong>und</strong> Ionesco nennt die Lächerlichkeit einen<br />

Wesenszug seiner Spiele <strong>und</strong> Gestalten. Fry aber will durch das Theater helfen, »uns<br />

selber <strong>und</strong> die Welt neu zu sehen, als wären wir soeben um die Ecke ins Leben<br />

gekommen«, damit das Theater wieder Unterhaltung werde, »ein Feiertag, der uns<br />

aufrichtet.«<br />

Erich Kästner legt dem Durchschnittsbürger von gestern <strong>und</strong> heute die Frage in den<br />

M<strong>und</strong>: »Herr Kästner, wo bleibt das Positive?« Sie ist in Jahrzehnten immer wieder<br />

gestellt worden von Menschen, denen das Erlöschen der alten Verbindlichkeiten <strong>und</strong><br />

Normen schmerzlich war, <strong>und</strong> die sich in keine nachidealistische Ideologie flüchten<br />

wollten. Sie ist aber auch, ohne Bezugnahme auf den Dichter der frühen Hörfolge »Leben<br />

in dieser Zeit« dort laut geworden, wo man das Fragen verlernt hat. Schon 1925 ist<br />

Bernhard Diebolds aufrüttelndes Buch»Anarchie im Drama« erschienen, in dem die Sorge<br />

um eine zwangsläufige Entwicklung deutlicher zum Vorschein kam als der Wunsch, diese<br />

Zwangsläufigkeit <strong>und</strong> deren zeitbedingte Ursachen zu verstehen. Seither ist diese<br />

Entwicklung weitergegangen, nur scheinbar unterbrochen durch die M<strong>und</strong>totmachung des<br />

Künstlers, der ein vermeintlich Positives nach totalitärem Kommando zu verkünden hatte.<br />

Die nie mehr verstummte Frage »Wo bleibt das Positive?« geht zurück auf die<br />

gleichzeitige Auflösung der <strong>Form</strong> <strong>und</strong> Ablösung der alten Problemstellungen durch neue,<br />

die ein verändertes Menschenbild zur Voraussetzung hatten. Da der Künstler seiner Zeit<br />

stets vorauszusein pflegt, begann noch im alten Jahrh<strong>und</strong>ert die Entfremdung zwischen<br />

ihm <strong>und</strong> denen, die mit bestimmten Erwartungen Theater, Konzertsäle <strong>und</strong><br />

Gemäldeausstellungen besuchten <strong>und</strong> sich schockiert fühlten durch das Gebotene. Eine<br />

stetig wachsende Entfremdung zwischen den Schaffenden <strong>und</strong> dem Publikum verriet sich<br />

in einer Umschichtung <strong>und</strong> zugleich Aufsplitterung der Kreise, die Kunstbedürfnisse<br />

hatten oder zu haben glaubten.<br />

Daß die Frage nach dem Positiven auch von einem Teil der R<strong>und</strong>funkhörer gestellt wurde,<br />

<strong>und</strong> zwar von denen, die Leitbilder vom R<strong>und</strong>funk erwarten, ist begreiflich. Sie brauchen<br />

Hilfe zur Bejahung eines Zieles, einer Haltung, einer Wertsetzung. Deshalb finden sie in<br />

den Szenenfolgen aus dem Familienalltag die Bestätigung ihrer selbst, die Bejahung ihrer<br />

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