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Franz FASSBIND erkannte in seiner Dramaturgie des <strong>Hörspiel</strong>s vom Jahre 1945, es gebe<br />
im Bereich des <strong>Hörspiel</strong>s keinen Stoff, der, episch gestaltet, nicht dramatisch wirksam<br />
würde, denn jeder Stoff weise dunkle <strong>und</strong> helle Stellen auf, Gegensätze <strong>und</strong> Konflikte. Im<br />
übrigen eigneten sich passive Helden als Opfer eines allmächtigen Schicksals vorzüglich<br />
zur epischen Gestaltung.<br />
1952 wurde Emil MERKER durch eine <strong>Hörspiel</strong>bearbeitung von Fontanes Roman »Effi<br />
Briest« von der Möglichkeit einer wirksamen Umformung eines Buchs in ein <strong>Hörspiel</strong><br />
überzeugt. Den Ausschlag gab Effis Lachen: »Ich sah hinterher nach, wie es der Autor<br />
sagt: ›Alle drei lachten.‹ Effi lachte.« Ja freilich, wie sollte er es auch anders sagen. Aber<br />
was ist dies arme Wort gegen das Lachen selbst, das aus dem Radio gekommen war?<br />
Gegen dies quellensprudelnde, übermütige, mitfortreißende Lachen, in dem es doch<br />
schon wie eine Ahnung des Kommenden zittert. Welch bebender Lebenshunger in der<br />
Stimme, die im Ballsaal vor Glück in Schluchzen umzuschlagen droht; ein Kind bei der<br />
Christbescherung ... »Der einsame Leser erlebt nicht die Stimme, ihre Klangfarbe, ihre<br />
Modulation; nicht die Durchformung jedes Wortes, jedes seiner Konsonanten, die farbige<br />
Nuancierung seiner Vokale, erlebt nicht das Tempo, die Verhaltenheit, die Dynamik vom<br />
zärtlichen Flüstern bis zum Entsetzensschrei... Das gedruckte Wort erfährt im <strong>Hörspiel</strong><br />
wenigstens die Versinnlichung durch die Stimme.«<br />
Freilich muß die Bearbeitung künstlerisch <strong>und</strong> die sprecherische Wiedergabe wesentlich<br />
sein. Weder dem Autor darf durch den Dramaturgen Gewalt angetan werden, noch der<br />
Phantasie des Hörers durch allzu eigenwillige Interpretation von seiten des Regisseurs<br />
<strong>und</strong> seiner Sprecher.<br />
Dieter HASSELBLATT veröffentlichte 1957 eine Studie »Das Monologisch-Erzählerische<br />
im <strong>Hörspiel</strong>, die zwar das Originalhörspiel meint, aber Charakterisierungen gibt, die genau<br />
so auch für die Roman- oder Novellenbearbeitung Gültigkeit haben. Seit 1952 wisse man,<br />
so sagt er mit etwas kühner Datierung, daß das Erzählerische neben dem bisher<br />
bevorzugten Dialog eine zumindest gleichwertige Möglichkeit des <strong>Hörspiel</strong>s sei. Er<br />
unterscheidet den präsentierenden <strong>und</strong> den reflektierenden Erzähler, der als Monologist<br />
von seiner Identifikation mit dem Erzählten lebt, das oft als wieder erinnertes<br />
Selbsterlebtes erscheint <strong>und</strong> Vorgänge allein in der Brechung über das Bewußtsein<br />
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