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Hörspiel. Form und Funktion.

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der R<strong>und</strong>funk- <strong>und</strong> Fernseh-Familienchronik, die abgesunkene, säkularisierte <strong>und</strong> damit<br />

trivialisierte alte Glaubenswelt, die Welt, die den vielen, so glauben sie wenigstens, auch<br />

heute noch einen Halt geben kann <strong>und</strong> die in der Regel gemeint ist, wenn breite<br />

Hörerschichten sich zum <strong>Hörspiel</strong> bekennen. Meist sind aber auch die Verfasser von<br />

Lustspielen, Schwänken <strong>und</strong> Possen außengelenkte Spiegler von Situationen, nur ist ihr<br />

Spiegel ein Zerrspiegel.<br />

Engagement<br />

Neben diesem Autorentyp, der seiner publizistischen <strong>Funktion</strong> wegen ernst zu nehmen ist<br />

<strong>und</strong> bei dem großen Bedarf an <strong>Hörspiel</strong>en einen beträchtlichen Teil der Spielpläne füllen<br />

muß, begegnen wir - immer noch im dramatischen Vorfeld des <strong>Hörspiel</strong>s neuerer Prägung<br />

- dem »engagierten« Autor. Er will nicht nur eine Resonanz bewirken, nicht nur spiegeln<br />

<strong>und</strong> nicht nur verdichten, um Spannung zu erzeugen, sondern einwirken, aufrütteln,<br />

seinen Hörern eine Entscheidung suggerieren, zu der er sich selbst durchgekämpft hat.<br />

Dieser Autorentypus begegnet uns schon in den Fastnachtsspielen des Hans Sachs, in<br />

den Thesenstücken der Gegenwart, <strong>und</strong> in Vollendung, in der Gestalt Bertolt BRECHTS,<br />

der sein Theaterpublikum <strong>und</strong> seine R<strong>und</strong>funkhörer zu einer Haltung erziehen wollte, zur<br />

Distanznahme, zum hellwachen Denken, zum Experiment mit sich selbst <strong>und</strong> zur<br />

Überwindung der vom ersten Autorentyp so eifrig gepflegten Illusion <strong>und</strong> der Identifikation<br />

durch Einfühlung. Auch wo engagierte Bühnen- oder R<strong>und</strong>funkdichter keiner politischen<br />

Ideologie verhaftet sind wie Brecht, beziehen sie Stellung, freilich weit häufiger gegen als<br />

für eine Haltung, ein Prinzip, eine Art, auf Welt <strong>und</strong> Menschen zu reagieren. Engagement<br />

bedeutet hier wie dort Reduktion auf ein dem Autor Wesentliches, Vereinfachung, die<br />

übrigens dem Wesen des R<strong>und</strong>funks sehr entgegenkommt, <strong>und</strong> Wirkungssteigerung in<br />

bestimmter Richtung. Engagement verkleinert den » Spiel«raum des <strong>Hörspiel</strong>s zugunsten<br />

eines erhöhten Anspruchs der Wirklichkeit, die bewältigt werden soll. Es folgt keinem<br />

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