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immer Teile eines Vorganges sind, aus denen erst auf den Raum geschlossen werden<br />
muß, in dem er sich vollzieht.<br />
Hermann NABER läßt in seinem Spiel »Heute hat Ariadne andere Namen« (1961) den<br />
Erzähler, der zugleich Gegenspieler der weiblichen Hauptperson ist, in einem Monolog,<br />
der tief in die Problematik der Spannung zwischen ihm <strong>und</strong> ihr hineinführt, nach einem<br />
Anschwellen der Brandung, das als Zäsur zwischen dem Selbstgespräch <strong>und</strong> einem<br />
vorangegangenen Dialog mit Katharina steht, sagen:<br />
»Katharina liegt weiter unten im Sand, die Arme unter dem Kopf verschränkt, mit langen<br />
Schatten von ihren aufgestützten Beinen. Die Sonne versinkt langsam im Dunst über dem<br />
Horizont. Ein kupferner Ball. Wir sind die letzten am Strand. Bis auf den alten Strandwächter,<br />
der sich an den Körben zu schaffen macht. Seit wir auf dieser Insel sind, versäumt er keine<br />
Gelegenheit, Katharina beim Umkleiden zu beobachten mit verstohlenem Wohlgefallen;<br />
während ich, dem die verabredeten Zeremonien gelten, den Möwen zusehe, die sich um die<br />
Abfälle balgen. Heute wartet der Strandwächter umsonst. Keine Zeremonien.« (Brandung)<br />
Die Landschaft, die Stimmung, die sie erfüllt, das Leben in ihr, die Tageszeit, das<br />
Miteinander der wenigen Menschen, ihr Tun <strong>und</strong> Lassen am Spätnachmittag in der<br />
Inselstille - alles ist mit ein paar Worten gesagt.<br />
Schwieriger ist es, den Hörer mit Phantasieräumen vertraut zu machen, im Märchenspiel,<br />
in der dramatisch-epischen oder dramatisch-lyrischen. Legende oder auch im<br />
surrealistischen Spiel. Exotisches Milieu kann durch Musik als solches kenntlich gemacht<br />
werden.<br />
Phantastische Räume begegnen uns etwa in HILDESHEIMERS »Prinzessin Turandot«<br />
(1955). Nach der in das Spiel einbezogenen Ansage hört man Musik, die zum Marsch<br />
wird mit Zimbeln, Pauken, Becken <strong>und</strong> Gongs, aber nicht »pagodenhaft« klingen soll.<br />
Dieser Marsch leitet über in eine Volksszene im Freien. Solche Szenen wechseln ab mit<br />
Zimmergesprächen, bei denen aber nie Bezug genommen wird auf die Beschaffenheit<br />
des Raumes, der keine Rolle spielt.<br />
Jacques PERRET <strong>und</strong> Jean FOREST lokalisieren zwar ihr Spiel »Die Rechenaufgabe«<br />
(1959) zunächst in eine Schulklasse, dann aber wird der Hörer mit Hilfe des Erzählers in<br />
eine Traumsphäre entführt, in der Onkel Henri den Neffen mit seinem Pferd Pyrrhus<br />
entführt <strong>und</strong> ihm Begegnungen mit allerhand Personen vermittelt, dem Chauffeur, dem<br />
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