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Es kann für die Wirkung eines <strong>Hörspiel</strong>s von entscheidender Bedeutung sein, welche<br />
Klangfarbe die Sprecherstimmen, die musikalischen Zutaten <strong>und</strong> die Geräusche in den<br />
einzelnen Phasen der Spielhandlung aufweisen <strong>und</strong> wie der Regisseur den Wechsel der<br />
Schauplätze durch Veränderung der Raumakustik erkennbar macht. In der Frühzeit des<br />
R<strong>und</strong>funks half man sich mit Vorhängen <strong>und</strong> Wandverkleidungen aus unterschiedlichem<br />
Material, beschränkte sich aber, zumal wegen räumlicher Enge, auf einen einzigen<br />
Senderaum, in dem das ganze Spiel ablief. Sogar das kleine Orchester samt allen<br />
Geräuschapparaturen <strong>und</strong> dem einzigen Mikrophon war in diesem Studio untergebracht.<br />
Um die Mitte der dreißiger Jahre baute die Reichsr<strong>und</strong>funkgesellschaft im Berliner<br />
Funkhaus ihren ersten <strong>Hörspiel</strong>komplex, eine durch Türen miteinander verb<strong>und</strong>ene Folge<br />
von Studios unterschiedlicher Größe <strong>und</strong> Klangcharakteristik, die um einen Regieraum so<br />
angeordnet waren, daß der Regisseur <strong>und</strong> der neben ihm sitzende Toningenieur, der die<br />
Regler des Mischpults bediente, durch große, schalldichte Mehrfachscheiben mit allen<br />
Studios in Sichtverbindung standen. Der Regieassistent dirigierte die Sprecher auf<br />
Zeichen von Raum zu Raum, von Mikrophon zu Mikrophon. Der <strong>Hörspiel</strong>komplex bestand<br />
aus einem Raum mit Straßenakustik, einem mit Zimmer-, einem mit Kammer- <strong>und</strong> einem<br />
mit Hallenakustik. Das Orchester - noch gab es nur Live-Sendungen - saß in einem<br />
besonderen Studio mit Konzertsaalakustik. Der Nachhall konnte aber auch durch ein sehr<br />
einfaches Verfahren auf die Stimme des Sprechers gebracht werden, ohne daß er sich in<br />
den Nachhallraum zu begeben brauchte.<br />
In bescheidenem Maße läßt sich eine Veränderung der Raumakustik auch durch den<br />
Gebrauch von Mikrophonen von unterschiedlicher »Charakteristik« erzielen. Vor allem<br />
kann der Charakter der einzelnen Stimme im Rahmen der Skalen hart-weich, hell-dunkel<br />
oder offen-gedämpft verändert werden.<br />
Die Raumakustik kann erst in vollem Umfang ausgenützt werden, seit die Technik der<br />
Bandaufnahmen die Live-Sendung zum großen Teil abgelöst hat. In den Tagen des<br />
Dritten Reiches arbeitete man noch überwiegend mit Direktsendungen, obwohl des<br />
Dänen Poulsen Telegraphon zur Aufzeichnung von Telephongesprächen schon um 1900<br />
auf der Pariser Weltausstellung vorgeführt wurde <strong>und</strong> der Deutsche Curt Stille drei Jahre<br />
später den »Stilledraht« entwickelte, mit dem die Reichsr<strong>und</strong>funkgesellschaft seit 1930 in<br />
der R<strong>und</strong>funkversuchsstelle der Berliner Musikhochschule experimentiert hat. Da die leere<br />
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