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Es ist eine wichtige Aufgabe der Regie, bei der Besetzung eines <strong>Hörspiel</strong>s drei Merkmale<br />
zu bedenken, die zusammenkommen müssen, um einen Sprecher für die Durchführung<br />
einer bestimmten Rolle geeignet erscheinen zu lassen: ein spezifischer Charakter seines<br />
Organs, der sich aus der Tonfarbe, seinem Tonfall <strong>und</strong> der besonderen Dynamik seines<br />
Sprechens ergibt, sein Temperament, das sich vor dem Mikrophon nicht so leicht<br />
verleugnen läßt wie auf der Bühne, <strong>und</strong> seine Herkunft.<br />
Diese Herkunft bedeutet zunächst seine Heimat, die sich bei den meisten Darstellern in<br />
ihrer Sprachmelodie, aber auch in der Aussprache bemerkbar macht, dann aber meint sie<br />
auch die Schule, die er durchlaufen hat. Alte Sprecher zeigen noch Spuren des<br />
Naturalismus, etwas jüngere haben den Expressionismus noch nicht völlig überw<strong>und</strong>en,<br />
Künstler zwischen zwanzig <strong>und</strong> vierzig Jahren haben gelernt, mit den Mitteln des<br />
<strong>und</strong>erstatement <strong>und</strong> der Verfremdung zu arbeiten. Geschieht es nun, daß sich Vertreter<br />
verschiedener Schulen <strong>und</strong> Kinder nicht minder verschiedener Heimatländer vor dem<br />
Mikrophon zusammenfinden, so pflegt die Schaffung eines Ausgleichs durch konsequente<br />
Herausarbeitung eines Werkstils über die Kraft des Regisseurs zu gehen, besonders<br />
wenn überragende Künstler sich mit ihrem Persönlichkeitsstil durchsetzen, wie dies noch<br />
vor wenigen Jahren bei Hermine KÖRNER der Fall war.<br />
Stimmen im <strong>Hörspiel</strong> können Handlungsträger erkennbar machen, sie können<br />
Hintergründe aufschließen als dienende Stimmen ohne eigene Handlungsfunktion, sie<br />
können ankündigen, weiterführen, ergänzende Bemerkungen einfügen, sie können<br />
kommentieren, den Hörer ansprechen, aber auch ihn vertreten , sie können in<br />
zwanglosem Wechsel in die Handlung eingreifen <strong>und</strong> zum bloßen Beobachter werden.<br />
Besonders viele Möglichkeiten erschließen sich der Stimme des Autors. Dabei bleibt<br />
gerade für sie ein nie ganz zu überwindendes Hemmnis der leidige Umstand, daß es ja<br />
doch nie die Stimme des Autors selbst ist, die dem Hörer aus seinem Empfangsgerät<br />
entgegentönt, sondern die eines vom Regisseur gesteuerten Interpreten, der nicht wie<br />
seine Partner im Spiel steht, sondern neben, oft auch über ihm, meist die Hörer<br />
ansprechend, bisweilen aber auch den andern Sprechern zugewandt.<br />
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