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Hörspiel. Form und Funktion.

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aber selbst in die Handlung eingreift, in ihr untertaucht, zum Träger eines eigenen<br />

Schicksals neben anderen wird.<br />

Ein episches <strong>Hörspiel</strong> in seiner reinsten <strong>Form</strong> kommt ohne eigentlich dramatische <strong>und</strong><br />

ebenso ohne lyrische Momente aus, die bei den weit häufigeren Mischformen immer<br />

wieder zu finden sind. Es lebt nicht wie die szenische Reportage vom raschen Wechsel<br />

der Situationen, von Kontrasten <strong>und</strong> Spannungen, die zur Explosion drängen, sondern<br />

vom ruhigen, gleichmäßigen Ablauf eines breit ausgesponnenen Geschehens, das der<br />

Autor von einem entfernten Standpunkt aus überblickt. Durch den so gewonnenen<br />

Abstand erhalten Ereignisse <strong>und</strong> Gestalten feste Umrisse, die das Ergebnis ruhiger<br />

Besinnung <strong>und</strong> Besinnlichkeit sind. Bisweilen wird die Märchentechnik des »Es war<br />

einmal« zum Spielbeginn übernommen, so in Arthur LAURENTS Spiel »Der letzte Tag<br />

des Krieges« 1945, dessen Anfang man bei Frank in englischer Sprache nachlesen kann<br />

(»There was a chunky redheaded Kid from Nevada ... «).<br />

Das epische <strong>Hörspiel</strong> baut, im Gegensatz zum dramatischen, wofern es keine Mischform.<br />

darstellt, nur selten auf einem Konflikt auf, obwohl Konflikte auch bei ihm eine Rolle<br />

spielen können, Konflikte in der Brust eines Einzelnen, Konflikte zwischen Individuen,<br />

Personengruppen, ganzen Nationen, Rassen, Ideologien, Glaubensgemeinschaften,<br />

Weltanschauungen <strong>und</strong> übergeordneten, namenlosen Mächten. Nur geht es weniger um<br />

die Austragung eines Konfliktes in Aktion <strong>und</strong> Gegenaktion, Rede <strong>und</strong> Gegenrede, als um<br />

die Darstellung eines Geschehensablaufs, der einen Sinn ergibt <strong>und</strong> bisweilen eine Lehre<br />

in der Abfolge aussageträchtiger Phasen entfaltet, wobei das Schwergewicht bald auf den<br />

Personen des Spiels, bald auf den sinnenthüllenden Vorgängen liegt. Die Übergänge zur<br />

adaptierten Epik <strong>und</strong> zur szenischen Reportage ebenso wie zu den mehr lyrischen<br />

<strong>Form</strong>en sind fließend. Um 1930 entstanden als funkeigene <strong>Form</strong>en, die ihren epischen<br />

Charakter durch Verwendung der geb<strong>und</strong>enen Sprachform - freie Rhythmen, Strophe,<br />

Reim - unterstrichen, die Funkballade (Otto ROMBACH), die Funkkantate (Arno<br />

SCHIROKAUER) <strong>und</strong> das Funkoratorium (E. Kurt FISCHER). Neuerdings schreibt man<br />

ohne literarische Vorlagen, wie erwähnt, Funkerzählungen <strong>und</strong> Funknovellen, die sich<br />

meist derselben Mittel bedienen wie die genannten Prosabearbeitungen von Bronnen,<br />

Eich <strong>und</strong> Ophüls. Sie sind aber nicht ohne Vorbilder: Arthur SCHNITZLERS »Leutnant<br />

Gustl« könnte für den R<strong>und</strong>funk geschrieben sein.<br />

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