Hörspiel. Form und Funktion.

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Begrenzung der Stimmenzahl
Die Begrenzung der Stimmenzahl, die von Dramaturgen und Regisseuren im Interesse
der Hörer immer wieder gefordert und von erfahrenen Autoren auch verwirklicht wird,
bezieht sich nicht auf die absolute Anzahl Stimmen eines ganzen Spiels, sondern auf die
Handlungsträger, die profilierten Dialogpartner innerhalb einer Phase. Der Hörer muß
ohne Mühe rasch erkennen können, wer gerade und zu wem er spricht, ob eine neue
Stimme hinzugekommen ist und wem sie gehört. Weyrauch, Thomas, Reeves und andere
ziehen Stimmen in den Ablauf des Spiels ein, die kein Einzelschicksal aussprechen und
keine Einzelpersönlichkeit erkennbar machen, sondern zur Kennzeichnung eines
Gruppenschicksals und einer Kollektivhaltung dienen.
Bertolt BRECHT verwirrt den Hörer an keiner Stelle, wenn er »Das Verhör des Lukullus«
(1940) auf folgende Einzelstimmen aufteilt:
Ausrufer. Gesang der Soldaten, die den Katafalk tragen. Stimmen. Gesang der Sklaven,
die den Fries schleppen. Junges Mädchen. Anderes Mädchen. Erster Kaufmann. Zweiter
Kaufmann. Erste Frau. Zweite Frau. Erster Plebejer. Zweiter Plebejer. Kutscher.
Kinderchor. Fahle Stimme. Chor der Soldaten. Lukullus. Wartende Frau. Dreifaltige
Stimme. Sprecher des Totengerichts. Totenrichter. Chor der Sklaven. Chor der
Friesgestalten. König, Lehrer, Sklaven. Zwei Jungfrauen. Bäcker. Schatten. Fischweib.
Erster Legionär. Zweiter Legionär. Koch. Bauer. Kirschbaumträger. Kurtisane. Schöffen.
Die Unterscheidung der Stimmen, ihrer Träger und ihrer Funktionen wird dadurch
erleichtert, daß es sich um ein episches Hörspiel handelt und daß nicht nur der Ausrufer,
sondern auch die meisten anderen Figuren des Spiels erzählen, erläutern, begründen und
daß sie weniger zueinander als zu den Hörern sprechen. Außerdem ist es kein
Handlungsspiel im strengen Sinn des Wortes, sondern ein hörszenischer Kommentar zu
einem abgeschlossenen Ereignis. Daran ändert auch die Form des Verhörs nichts, die in
die reich gegliederte Folge chorischer Auftritte eingefügt ist. Das wird besonders deutlich
bei der Bühnenaufführung des Werkes.
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