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Hörspiel. Form und Funktion.

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der Abstrakta tritt an die Stelle der Personen. Die Fülle der Rand- <strong>und</strong> Nebenfiguren, die<br />

beim Drama der offenen <strong>Form</strong> meist weit zahlreicher sind als beim Drama der<br />

geschlossenen <strong>Form</strong>, belasten das »Sendespiel«, wie man das adaptierte Bühnenstück<br />

zu nennen pflegt. Zum Teil haben diese Figuren nur atmosphärische <strong>Funktion</strong>. Erfahrene<br />

Bearbeiter streichen solche Figuren <strong>und</strong> teilen ihren Text, soweit er zum Verständnis der<br />

Handlung beiträgt, auf andere Personen des Spiels auf oder sie führen einen Erzähler ein,<br />

der unter Umständen auch von Phase zu Phase weiterführt, Ortswechsel <strong>und</strong> Zeitsprünge<br />

aufzeigend <strong>und</strong> bisweilen auch begründend.<br />

Das offene Drama führt wie das <strong>Hörspiel</strong> mitten in das Geschehen hinein <strong>und</strong> stellt uns<br />

dem Helden in einer konkreten <strong>und</strong> bezeichnenden Situation gegenüber (zum Beispiel<br />

Brechts Baal sitzt beim Fabrikanten Mech beim Essen <strong>und</strong> Trinken). Viele Szenen<br />

beginnen mit Frage- <strong>und</strong> Ausrufesätzen, sie brechen plötzlich ab, »oft mitten im Satz,<br />

mitten im Tun«. Die Szenenfolge ist ohne Kontinuität. Sie folgt sprunghafter Assoziation.<br />

Die dem Bühnendrama der offenen <strong>Form</strong> gemäße Technik der gleitenden Übergänge<br />

bietet sich dem <strong>Hörspiel</strong> geradezu an. Vom deduktiven Gerüst ist nichts übrig geblieben.<br />

Variation <strong>und</strong> Kontrast bestimmen an Stelle logischer Verbindung die Nachbarschaft der<br />

Szenen. Die Blende hat dem <strong>Hörspiel</strong> beides erschlossen.<br />

Wiederholung, Variation <strong>und</strong> Kontrast - besonders deutlich in Strindbergs Stationenspiel<br />

»Nach Damaskus« sind durchaus funkgerechte Mittel des offenen Dramas. Sie spielen<br />

auch im autonomen <strong>Hörspiel</strong>, zum Beispiel in Ingeborg BACHMANNS »Zikaden«, eine<br />

wichtige Rolle, desgleichen der Traum als vertiefende, deutende <strong>und</strong> weiterbewegende<br />

Kraft im innerseelischen Geschehen, man denke nur an Günter Eich. Die Schaubühne<br />

setzt der Verdeutlichung eines Traumgeschehens freilich einige Hindernisse entgegen,<br />

weil sie durch die Permanenz der optischen Komponenten, wenn auch mit Licht <strong>und</strong><br />

Dunkelheit gezaubert wird, den Wechsel der Wirklichkeitsebenen erschwert, den der<br />

R<strong>und</strong>funk mittels Blende <strong>und</strong> Montage mühelos vollzieht.<br />

Wir sind ausgegangen vom Raumerlebnis im Theater <strong>und</strong> beim Funk. Das Publikum im<br />

Zuschauerraum unterliegt der Faszination des Spiels auf der Bühne. Ein guter<br />

Schauspieler reißt es mit. Ein Fluidum entsteht zwischen den beiden Räumen, aus Aktion<br />

<strong>und</strong> Reaktion bildet sich für den Darsteller <strong>und</strong> für sein Publikum ein Spannungsfeld,<br />

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