28.02.2014 Aufrufe

Hörspiel. Form und Funktion.

Hörspiel. Form und Funktion.

Hörspiel. Form und Funktion.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

http://www.mediaculture-online.de<br />

dessen Kraftströme sich auswirken auf die künstlerische Leistung, aber auch auf ihre<br />

Resonanz. Das weiß jeder echte Schauspieler: »ich bin heute angekommen«, oder: »ich<br />

habe gegen eine Mauer gespielt.«<br />

Der R<strong>und</strong>funkhörer kennt dieses Fluidum nicht. Die Stimmen der Sprecher kommen zu<br />

ihm in seine Stube, losgelöst vom lebendigen Menschen, isoliert, verwandelt durch das<br />

technische Medium. Die Reaktion teilt sich den Trägern der Stimmen nicht mit. Der Hörer<br />

bleibt mit seinem Erlebnis allein, es sei denn, daß er mit Menschen, die mit ihm hören,<br />

während des Spiels oder im Nachhinein ins Gespräch kommt. Dieses Gespräch kann sich<br />

aber auf die Stimmung <strong>und</strong> Leistung der Sprecher nicht auswirken. Es ist auch nicht zu<br />

vergleichen mit den Publikumsgesprächen während den Pausen einer Theateraufführung.<br />

Theater <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funk stehen gleichermaßen unter dem Einfluß der Auflösung eines<br />

Ordnungsgefüges, das zwar schon seit Generationen schwer erschüttert <strong>und</strong> innerlich<br />

ausgehöhlt war, das aber dennoch im gesellschaftlichen, religiösen <strong>und</strong> kulturellen Leben<br />

an zahlreiche Normen <strong>und</strong> Tabus zumindest äußerlich geb<strong>und</strong>en geblieben war. Diesem<br />

Gefüge entsprachen ein der »Welt des schönen Scheins« verschriebenes, freilich in sich<br />

schon gestuftes Publikum <strong>und</strong> - auf der Theaterseite - eine begrenzte Anzahl von<br />

Spielplanmöglichkeiten, die wiederum bestimmt wurden durch weltanschaulich fixierte<br />

<strong>Form</strong>prinzipien.<br />

Daß man im übrigen nicht nur beim R<strong>und</strong>funk, sondern auch in der Theaterwelt genau<br />

weiß, daß es kein auch nur halbwegs einheitliches <strong>und</strong> gemeinsam ansprechbares<br />

Publikum mehr gibt, verrät die Tendenz, schon in Städten von der Größenordnung<br />

Freiburgs oder Münsters ein Großes <strong>und</strong> ein Kleines Haus (oder Kammertheater) zu<br />

unterhalten, neben denen oft noch Zimmertheater, Studio- <strong>und</strong> Studentenbühnen eigene<br />

Wege suchen. jedem dieser Theatertypen ist ein besonderes Publikum zugeordnet. Beim<br />

R<strong>und</strong>funk muß der Hörer mit der Zeit selbst ein Gefühl dafür bekommen, welche Art von<br />

Sende- oder <strong>Hörspiel</strong> ihn im besonderen »meint«. Anhaltspunkte bietet bald der Name<br />

des Autors, bald die Stellung im Programm, bald die Kenntlichmachung als Glied einer<br />

Reihe. Je größer die Bildungsvoraussetzung ist <strong>und</strong> je esoterischer Sprache <strong>und</strong><br />

Problemstellung eines Spieles sind, desto kleiner ist sein tatsächlicher Empfängerkreis.<br />

Die relativ großen Prozentzahlen, die die Hörermeinungsforschung für die<br />

45

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!