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Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe

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220 11 Teil: Aussprache über <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>1 <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>, der Arbeiter. 1932221schenbemerkung soll nicht so sehr das Zitat auf dem Buchumschlagan seinen Ort gebracht als vielmehr angezeigt sein, wieahnungslos und irreführend hier und fast durchgängig das nachträglichherausgegebene und deshalb scheinbar einem »alternden«Nietzsche angehörige Buch »Der Wille zur Macht« zusammengestelltist; denn unmittelbar vor diesem Stück n. 764 (1882)steht n. 763 aus dem letzten Schaffensjahr Nietzsches November87 bis März 88. E',s gehört in jene Zeit, in der Nietzsche über den»Zarathustra« hinaus noch einmal einen wesentlichen und deneigentlichen Schritt in seine Metaphysik vollzogen hat.Dieses sechs Jahre später aufgezeichnete Wort Nietzschesklingt dann auch ganz anders und hätte eher auf den Umschlagdes <strong>Jünger</strong>schen Buches gepaßt:»Aus der <strong>Zu</strong>kurift des Arbeiters. - Arbeiter sollten wie Soldatenempfinden lernen. Ein Honorar, ein Gehalt, aber keine Bezahlung!Kein Verhältnis zwischen Abzahlung und Leistung! Sonderndas Individuum, je nach seiner Art, so stellen, daß es das Hächsteleisten kann, was in seinem Bereich liegt.«Hier ist die Vorstellung des Arbeiters im Sinne des »Lohnarbeiters«,der gar noch wie »der Bürger« leben soll, verlassen; derArbeiter ist soldatisch-kriegerisch gedacht und nach der Artd. h. als Typus (zu deutsch: Schlag) gewertet.Damit wäre ja nun die Abhängigkeit <strong>Jünger</strong>s von Nietzscheeindeutig belegt und wir ständen da, wo wir nach den einleitendenBemerkungen freilich nicht stehen wollen - bei einem wechselweisenAusspielen von Stellen aus Nietzsche und <strong>Jünger</strong>. Wennwir aber in der Folge unserer Aussprache dennoch und gerade beiwesentlichen Begriffen auf Nietzsches Wort hören, dann handeltes sich weder um <strong>Jünger</strong> noch um Nietzsche, sondern um dieWirklichkeit im Sinne des Willens zur Macht und um unser Verhältniszu ihr; darum, ob wir diese Wirklichkeit hinreichend wissenund aus diesem Wissen die Entscheidungen mitvorbereiten,die im Dienste ihrer Überwindung stehen - oderob wir uns dieseWirklichkeit noch und noch einmal verschleiern.Denn die kriegerische Auseinandersetzung, die jetzt im Gangeist, entwickelt sich aus den Stellungen, die im Herbst 1918 erreichtwurden. Sie hatten bei uns und bei den Feinden nicht nureinen verschiedenen Gehalt, sondern auch eine andere Gestalt.Die Westmächte waren zur höchsten Klarheit und Schärfe ihresbisherigen Willens vorgedrungen, im Sinne der nationalen Demokratiendie Weltmacht im Besitz zu halten. Bei uns war erstnur in den Ahnungen weniger wesentlicher Krieger die Ahnungzur Gewißheit geworden, daß ein Wandel in der Art der Weltmachthaberschaftsich vorbereite. Die Westmächte kämpfen umdie Rettung des Bisherigen, wir kämpfen um die Gestaltung einesKünftigen. Freilich sind die Parolen wie »deutscher Sozialismus«gegen westliche »Plutokratie« nicht weniger vordergründig, ziellosund ohne Wesenskraft als die Wilhelminischen von 1914/18.Der Kampf kann, wenn er ein wesentlicher sein soll, auch nichtdarum gehen, daß 80 und mehr Millionen nur ihren Lebensraumhaben und ihr Lebensinteresse erfüllt sehen, lediglich weil sie alsdiese Menschenmasse nun einmal vorhanden sind und den »Kulturfortschritt«fernerhin betreiben sollen. Ins wesentlich Geschichtlichegesehen, haben 80 Millionen als Zahl nicht mehr»Recht« denn 10 Millionen; entscheidend ist, wer sie sind, was sieunter »Leben« zu verstehen vermögen und welche »Interessen«sie über dem Leben aufzurichten die Kraft haben; ob sie wissenkönnen, daß »Lebensinteressen« überhaupt nicht das Wesen desmenschlichen Lebens sind.Die Frage, wer die 80 Millionen sind, beantwortet sich auchnicht nach dem, was ihre Vorfahren geschaffen haben, sondernnach dem, was sie selbst als Auftrag der <strong>Zu</strong>kunft zu wissen und zuwollen vermögen, um daraus erst zu ermessen, ob sie der Berufungauf die Vorfahren würdig sind.Der Kampf in der nächsten Zone einzig um die Weltmacht;und zwar nicht so sehr im Sinne des bloßen Machtbesitzesals vielmehr der Fähigkeit, die Macht als das Wesen des Wirklichenin der Macht zu erhalten und d. h. hier immer: zu steigern.Die Entscheidung ist zunächst, ob die demokratischen »Impe­

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