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Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe

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274 AnhangEin Briif an einzelne Krieger275digen im Seyn ist nicht das »gefahrlich leben«; denn die Gefahrbehält immer noch das Eindeutige und Bekannte eines festen Bezirks,darin sie lauert und selbst belauert wird. Schwer und deshalbechtes Gewicht in das Da-sein legend ist das Übergänglichleben, auf der Brücke jener Spannweite des Herzens sich zurechtfindenund auf die kleinen Aushilfen und die Abwege des Trostesverzichten. Dieser Verzicht kommt nicht aus einem Trotz oder garaus einer »Heroisierung« des eigenen »Ichs«; der Verzicht bleibtschon unwesentlich, weil alles nur Wünschbare und daher auchalles in den Verzicht zu stellende jederzeit zurückfällt vor dem,was wir als das reine Kommen auf uns zu-kommen lassen; denndieses Kommen ist das Seyn. Und das Auf-sich-<strong>Zu</strong>kommen­-Lassen ist kein Warten auf etwas. Das Warten bindet sich an Seiendes,um seiner bei aller äußeren Geschäftigkeit nicht durch diese,sondern doch aus Unentschiedenheit habhaft zU werden.Jene Unsichtbaren, die die einzige Entscheidung bewahren, indemsie sich im Wissen dieser verwandeln zur Bereitschaft fürEntgegnung, sind Einzelne nicht als Vereinzelte, sondern alsdie Einzigen, denen die Einzigkeit das Sigel wird ihrer Leidenschaftzur Armut der großen Stille.Ein Wort der Eleonora Duse lautet: »Wer wartet, stirbt.«3 -Wer aber im Übergang jener Entscheidungsbrücke geht, lebt.Und sein Sterben ist ein Werden im Seyn.<strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong> hat irgendwo im »Arbeiter« den Unterschied desSoldatentodes der Langemarckkämpfer und der Krieger von 1918mit der Schärfe, die sein Wort zuweilen auszeichnet, also umschrieben:»man feHlt nicht mehr, sondern man fällt aus.« Das istgewiß: die Ersetzbarkeit des einzelnen Mannes als Nummer wirdjetzt in der Öffentlichkeit des Krieges weitergelten, insgleichenwie der »Schlag« der Führer und nicht ihre Person für die Geführtendie zusammenzwingende und mitreißende Kraft ausstrahlt.Aber weder jene Ersetzbarkeit noch die Geltung des, [Eleonora Duse, geb. 3. 10. 1859-gest. 21.4.1924, legendäre u.a. von RainerMaria Rilke verehrte italienische Schauspielerin»Schlages« bezeichnen noch das, was ist, will sagen Jenes, was imKommen begriffen. Viele, die fallen, fallen heute nur »aus«. AberAndere fallen ein in die verschwiegene Eröffnung der künftigenEntscheidung. Dieses Einfallen hat nichts Gewaltsames und istkeine Überwältigung eines Raumes; auch bleibt es kein nur erleidendesWeggleiten, sondern ist die <strong>Zu</strong>eignung des den <strong>Zu</strong>künftigen<strong>Zu</strong>gehörigen, so wie ein Vogelzug in die Krone seines Baumes»einfällt«. Aber so »zukünftig« d. h. als ein die <strong>Zu</strong>kunft <strong>Zu</strong>tragender- fallen kann nur, wer ein Stehender ist und aus der Inständigkeitdes Wissens vom Seyn in die Bezirke des Übergangshinaussteht. Durch eine lange Vorherrschaft des Seienden imSinne des Wirklichen hat sich die Wirksamkeit als Maßstab der\Beurteilung des »Seins« breitgemacht. Deshalb können wir unskaum vorstellen, wie »Etwas« und Etwer »sein« soll und gar demSeyn und der Gründung seiner Wahrheit zugehören soll, dernicht »wirkt« und nicht ein Geleistetes hinterläßt. Und wenn wirauch noch dieses abzurechnen vermögen, dann müssen wir unsdie Wirkungslosen nur wieder so erklären, daß wir ihnen eineFort-wirkung auf spätere Geschlechter als Zeugen und Vorbilderzuteilen. Aber auch das ist es nicht, ist nicht die <strong>Zu</strong>gehörigkeitzum Seyn; denn die Vorbildschaft bleibt ja abhängig von den Späterenund bedarf des Bezugs zu ihnen. Dagegen ist das Da-seinwirkungslos, weil wirkungsunbedürftig. Daß der Tod zu ihmseinsmäßig gehört, sagt eben: der Tod vermag nichts gegen dasSeyn, weil er überhaupt nicht in einer Widersacherrolle zu ihmsich verliert, sondern mit in die Wächterschaft der Wahrheit desSeyns gehört. Und wiederum - da wir für das Wesen des Seynsnoch so wenig wissensbereit sind und uns sogleich in die Vorstellungdes Seienden flüchten, »denken« wir uns das »Sein« als dieVerlängerung des Seienden d. h. Vorhandenen, in das Fortdauernauf eine Ewigkeit. Wo man diesem Ausweg nicht folgt, rettetman sich in die Betreibung des jeweils Verfügbaren. Und wennalle diese Auswege zu keinem Ziel mehr führen, sondern alsbaldin die Randgebiete einer nicht weiter faßlichen Leere drängen,empfindet man das Seltsame. Aber es ist nur als zeitweilige Aus­

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