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Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe

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258 IL Teil: Aussprache über <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>IV. <strong>Zu</strong> <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong> 19J9/40259sichtbar und errichtet werden. Hieraus ist deutlich: die Wertesind erst der nachkommende »Ausdruck« und fast die Ausschwitzungdes Prozesses, und sofern sie aber Maß und Ziel geben,bemessen sie je nur Solches, von dem sie ihrerseits alleinabhängen und dazu sie einen Nachtrag darstellen. <strong>Jünger</strong> undandere mögen sich noch so laut gegen den »historischen Materialismus«des »Marxismus« wenden, wonach die Ideen undIdeologien nur der nachgetragene »Überbau« zu den wirtschaftlichenProduktionsverhältnissen darstellen; er denkt imGrunde doch in derselben metaphysischen Bahn. Ob man stattWirtschaftsverhältnissen »Leben« oder »Leib« oder Rassesagt, davon die sogenannten »Ideen« immer nur Ausstrahlungensind, ändert am »Materialismus« nicht das Geringste.Ganz abgesehen von der Frage, ob Werte und Ideen nur Ausschwitzungeneiner Gehirnsubstanz sind, ganz zu schweigenvon der Frage, ob durch die neuzeitlichen Begriffe der »Idee«und des »Wertes« überhaupt das Wesen des Geistes und vondiesem her das Wesen des Menschen zu bestimmen sei, angesichtsder <strong>Jünger</strong>sehen Beschreibung des jetzigen Zeitalters erhebtsich die Frage: wodurch ist denn jemals verbürgt, daß derProzeß der totalen Mobilmachung überhaupt noch so etwaswie die Errichtung »neuer Werte« leisten oder auch nur zulassenkann? Wie wenn durch dies Wirkliche im Sinne des Willenszur Macht gerade jeder Bereich zerstört würde, in demetwas »Haltbares« aus seinem eigenen Grunde erscheinen undsich errichten dürfte?Im Umkreis dieser Fragen zerfallt die angebliche »Substanzialität«und »Dynamik« des <strong>Jünger</strong>schen Denkens in die Leere undNichtigkeit des Wirklichen, dessen Wirklichkeit verloren und vergessenist. Und es muß sich zeigen und kann sich freilich nur einemFragen und nie der bloßen Beschreibung offenbaren, daß das»Wirkliche«, das <strong>Jünger</strong> im Lichte der Nietzscheschen Metaphysikerfährt, keine neue Wirklichkeit ist und nicht das Anzeichendes Übergangs in ein neues Zeitalter, sondern diese Wirklichkeitist nur die äußerste Vollendung und schrankenlose Ausbreitungund Entfesselung dessen, was wir als die Wirklichkeit der schonseit 300 Jahren währenden »Neuzeit« zu erkennen haben.Man hört öfters die Feststellung, <strong>Jünger</strong> sei nicht zu widerlegen.Das trifft zu, aber nicht etwa deshalb, weil <strong>Jünger</strong> unangreifbarist, sondern weil er überhaupt nicht das gemäße Ziel des einzigmöglichen Angriffs darstellen kann; denn dieses Ziel ist alleinNietzsches Metaphysik und das sagt: die abendländische Metaphysikals solche im Ganzen. Ein solcher Angriff aber kann, soferner sich selbst versteht, niemals eine»Widerlegung« zum Zielhaben, wenn das Wort besagen soll, die Nachrechnung von Unrichtigem4 und Unstimmigem. Eine Metaphysik wird sich umeine solche Ablehnung nicht kümmern. Das will sagen: kein wesentlicherDenker kann widerlegt, aber seine Grundstellung muß,wenn es die Not ist, überwunden werden.Aber wie? Und wie vor allem, wenn es sich um eine Endstellunghandelt, in der die ganze bisherige Geschichte in ihrer einfachstenWesensgestalt nahe ist?Vom Kampf der Beschreiber und FragerNietzsche mußte, um den Willen zur Macht als Wirklichkeit desWirklichen zu ersehen (er-denken) ein Fragender sein.<strong>Jünger</strong> ist im Bezirk, den Nietzsche geöffnet, ein Beschreiber,der sich der Antwort jenes Fragers unterstellt. Das Zeitalter, dasnoch bis zur Stunde über Nietzsche ohne Ahnung und Wissen ist,nimmt lieber die Beschreibungen und hält sie für »Wahrheit«.Solches Beschreiben des Wirklichen solcher Wirklichkeit beruhigtin der Verblendung - und spricht los von der Notwendigkeitdes Fragens das zum voraus als »wirklichkeitsfremd« verdächtigtist, damit aber auch schon für erschüttert oder bedeutungslossichergestellt wird.Aber längst schon genügt nicht mehr, etwa dem letzten Ent­• Unrichtiges und doch Wahrheit und diese?

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