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Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe

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228 II Teil: Aussprache über <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>11 <strong>Zu</strong> <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>1939/40229verhärtet und ausgesprochen im selbständigen Blick auf jeneGrunderscheinung der Welt als Wille zur Macht, die erstmals um1914 Lenin mit dem Begriff und Wort der »totalen Mobilmachung«ins Bewußtsein gehoben hat. Dieser jetzt zum Schlagwortund d. h. immer zur Förderung der Besinnungslosigkeit entwerteteName sagt: alle menschlichen Gewalten und alle nichtmenschlichenKräfte werden vollständig und zumal beweglich gemachtund durch eine einheitliche Lenkung zur Verfügung gehalten.[Warum? und Wozu?, das sind Fragen, die vielleicht innerhalb derAuslegung des Seienden als Wille zur Macht schon keinen Sinnmehr haben.] Jedenfalls ist der Krieg nur eine, wenngleich diesehr aufdringliche und schmerzvolle Weise der »totalen Mobilmachung«;denn diese bleibt weder auf das nur Soldatische nochüberhaupt auf den Kriegszustand beschränkt. Sie durchherrschtin ihrem Wesensanspruch auf Unbedingtheit das Menschentumdes ganzen Erdkreises. Alle Völker und zumal die des Abendlandessind je nach ihrer geschichtlichen Wesensbestimmung verschiedenartigin diesen Vorgang einbezogen, indem sie ihn beschleunigenoder hemmen. Sie mögen noch an seiner Verhüllung ein »Interesse«haben oder Alles an seine Bloßstellung setzen. Jedesmalstehen sie schon im Dienste dessen, was im Grunde die totale Mobilmachungträgt und leitet - und das ist die Macht selbst.Macht ist nur Macht, d. h. mächtig, solange sie dessen mächtig ist,stets mehrMachtzu werden. <strong>Zu</strong>m Wesen der Macht gehört die Übermächtigungihrer selbst - so allein bringt sie sich in ihr reines Wesen.Dieses »Immer mehr« derMachtist keine »quantitative« Anhäufung,sondern die qualitative Entfesselung der Macht in ihr »Quale« - indas, was sie ist. Dieses Wesen der Macht, die Übermächtigung ihrerselbst, ahnt Nietzsche und sagt es psychologisch-biologisch und dahermißdeutbar im Namen »Wille zur Macht«; das sind nicht zwei: hierWille und dort Macht, sondern Wille ist Macht und Macht ist Willed.h. sich ermächtigendes Hin zu mehr Macht. Allein das Wesen derMacht ist damit längst nicht ausgeschöpft. V gl. 6a.+4 [»S. 6a« die folgenden zwei Absätze.Vor allem ist noch nicht erkannt, dqß, und noch weniger begriffen,warum die Macht, um als Macht zu wesen, nicht einesTrägers bedarf.Wo immer wir noch die Macht in der Hand von Machtträgernsehen, ist es noch nicht die Macht selbst - sondern je nur ein vonder Macht erzwungenes Mittel ihrer Ermächtigung. Die Machtbraucht keine Träger und kann überhaupt keine solchen haben,weil sie nicht und nie ein Seiendes ist - da und dort fest- und vorstellbar.Sie ist das je verschieden entschleierte Sein selbst, in demjegliches Seiende, durchschaubar oder nicht, schwingt. Das Seinkann nie durch das Seiende getragen werden dergestalt, daß esdurch solche Getragenheit erst und nur sein könnte - vielmehrwest die Macht als Sein in sich selbst und wird vom Seienden baldertragen, bald nicht.Weil Macht stets Übermächtigung ist, gehört zu ihr die Vernichtung;deshalb wachsen dort, wo das Seiende im Ganzen imSinne der totalen Mobilmachung das reine Wesen der Macht entfaltet,die Zerstörungsvorgänge notwendig ins Riesenhafte. DieVollzieher dieser Zerstörungen aber sind in gleicher Weise wiejede Art von Machthabern in diesem metaphysischen Zeitalternur Diejenigen, die vom Wesen der Macht am härtesten in dieFesseln geschlagen und zu den reinsten Knechten hinabgedrücktsind. Sie müssen im Willen zur Macht stehen, d. h. der Übermächtigungsich unterstellen, um im Seienden, wie es ist, zu »sein«dies um so mehr, als ja doch die Nähe zur machtenden Wirklichkeitihrer Zeit das ist, was sie wollen, und was entsprechend auch<strong>Jünger</strong> als den »Sinn des Lebens« ansetzt.Das Wesen der Macht duldet keinen Bereich außerhalb derMacht. Deshalb gibt es auch keinen Bezirk, der als das Andere zurMacht als deren »Ziel« angesetzt werden könnte. Die Machtbraucht keine Ziele und deshalb ist sie auch nicht ziellos - sie istErmächtigung ihres Wesens - und nichts außerdem.Dem widerspricht nicht, daß gerade im Bereich der entfesseltenMachtkämpfe am lautesten »Ideale« ausgerufen werden; dasist möglich, ja sogar nötig, weil alle Ideologien nicht nach einem

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