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Zu Ernst Jünger - gesamtausgabe

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256 IL Teil: Aussprache über <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong>IV. <strong>Zu</strong> <strong>Ernst</strong> <strong>Jünger</strong> 19J9/40257Störung seiner Zerstörungsarbeit verabscheuen. Wir dürfen unsdarüber nicht wundern, noch gar entsetzen; wir mÜssen aber auchebenso klar wissen, daß hier schon das bloße Nichtfragen Zerstörung,ja sogar Verwüstung bedeutet.Und hier ist die Stelle, von der aus auf die andere Seite der Leistung<strong>Jünger</strong>s hingewiesen werden muß. Alle Beschreibung, zumalwenn sie aus der Spähkraft und Wendigkeit, aus dem Prägungsvermögenund dem Geschmack <strong>Jünger</strong>s kommt, hat denVorzug, sich frei in der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen undihrer Schichten zu ergehen. Ein Zeitalter der Gedankenlosigkeitmuß den Gang durch solche Beschreibungen des Realen schonfür das allein zulässige, weil doch dem Wirklichen nahe bleibendeDenken nehmen, zumal wenn ihm eine .Fülle des Beschriebenensich darbietet; man wird solches Denken, das in seinem Beschreibenstets bei der »Substanz«, d. h. hier dem Stoff bleibt, für»substanziell« halten und da das Beschriebene die Bewegungendes Willens zur Macht sichtbar macht, dieses »substanzielle«Denken als »dynamisch« empfinden, womit dann die höchsteAuszeichnung genannt ist, die das Zeitalter zu vergeben hat. Aberdieses »substanzielle« und »dynamische« Denken ist überhauptkein Denken eines Denkers, gesetzt, daß wir diesem Namen denwesentlichen Gehalt wahren, und darunter verstehen das Fragennach der Wirklichkeit des beschriebenen Wirklichen, ob und inwiefernsie eine '''ahre ist und welche Wahrheit hier zur Entscheidungsteht.Nicht als ob wir <strong>Jünger</strong> einen »neuen Gedanken« abforderten.Es genügte, wenn er einen alten und den ältesten Gedanken zudenken vermöchte; und wenn er dadurch dem immer mehrRaum gewinnenden Vorurteil wehrte, Beschreibung, wie er sieübt, sei schon Denken im wesentlichen Sinne; wogegen das nichtbeschreibende Denken jenes »bloße« Denken bleibe, das im sogenannten»System« ein »wirklichkeits«-fernes Scheinleben führe.Wir streifen mit diesen Bemerkungen jedoch eine .Frage, diebei unseren Aussprachen immer drängender sich eindrängenmuß, weshalb eine Vordeutung auf sie unsere Absicht vielleichtfördern kann. Die genannte Frage läßt sich am ehesten verdeutlichenaus dem Hinblick auf den schon gesprächsweise erwähntenSchluß der <strong>Jünger</strong>schen Abhandlung »Über den Schmerz«3.<strong>Jünger</strong> sagt hier (S. 212 f.), daß »neue Ordnungen« des neuenProzesses, nämlich der totalen Mobilmachung als eines planetarischenArbeitsprozesses »bereits weitgehend vorgestoßen, daß aberdie diesen Ordnungen entsprechenden Werte noch nicht sichtbargeworden sind«. Die »neuen Feldherrenzeichen« des Rüstungsvorganges,d.h. eben in Nietzsches Sprache die »neuen Werte«und ihre Tafeln müssen erst errichtet werden. Wir entnehmenhieraus ein Zweifaches:1. den Aufriß, in dem <strong>Jünger</strong>s Beschreibung sich bewegt: die TotaleMobilmachung als vorgegebener Arbeitsprozeß in seinenvorgegebenen Ordnungen; »der >Arbeiter< die Gestalt, derenhistorische Aufgabe in der Durchführung des Prozesses besteht«(Blätter und Steine, S. 12); die »neuen Werte«, die erstsichtbar werden sollen. Der Titel »Arbeiter« ist der nüchterneName für die Gestalt des Menschen, die Nietzsehe den »Übermenschen«nennt; denn damit meint er nicht, wie der Pöbelund wildgewordene Nietzscheaner glauben, ein in seinen Lüstenund Gewalttätigkeiten über das »Normalmaß« des Bürgershinausgehendes, in seinen Muskeln und Geschlechtswerkzeugenübermäßig entwickeltes, mit starkem Unterkiefer undniedriger Stirn ausgestattetes Menschenexemplar, sondern denMenschen, der »geschichtlich« über den bisherigen und »letzten«Menschen in eine andere Gestalt hinausgeht. Was aber<strong>Jünger</strong> unter»Wert« versteht, sagt er nicht, sondern hält sichan das gängige Schlagwort, in der Meinung, etwas Selbstverständlicheszu nennen.Unter»Wert« aber versteht Nietzsehe soviel wie »Bedingungder Lebenssteigerung«.2. <strong>Jünger</strong> ist der Meinung, daß die Werte, die für den Prozeß dertotalen Mobilmachung maßgebend sein sollen, erst später, <strong>Ernst</strong> Über den Schmerz. In: Ders.: Blätter und Steine. A.a.O.

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