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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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sätzliche emotionale Probleme geben, son<strong>der</strong>n vermutlich auch völlige<br />

Rechtlosigkeit und unkontrollierbare Selbstjustiz.<br />

Die Erzieher müssen verhin<strong>der</strong>n, daß die beabsichtigte Erziehung zur<br />

Selbstverantwortung in ein völlig verunsicherndes, stark ängstigendes und<br />

auch physisch gefährliches (Brutalität!) Chaos führt, in dem nur das<br />

(delinquente!) F<strong>aus</strong>trecht den Schutz <strong>der</strong> eigenen Person garantiert. Um Gesundheit<br />

und Wohlergehen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen zu sichern, müssen<br />

die erwachsenen Erzieher, Selbstregierung hin o<strong>der</strong> her, einen Teil <strong>der</strong> Verantwortung<br />

selbst übernehmen, und zwar offen und ehrlich und bewußt. Den<br />

Kin<strong>der</strong>n alles zu erlauben wäre eine grobe Vernachlässigung, ein Zeichen,<br />

daß <strong>der</strong> Erzieher sich nicht um das Wohlergehen des Kindes sorgt. Auch Regeln,<br />

Ge- und Verbote tragen bedeutend zum Sicherheitsgefühl bei. Das Kind<br />

würde durch eine auf Indifferenz beruhende Willkürfreiheit sehr verunsichert,<br />

es würde sie auch nicht wollen.<br />

Hier muß nochmals die strenge Trennung zwischen Ge- und Verboten einerseits<br />

und Strafen an<strong>der</strong>erseits betont werden. Wills hält es z. B. (im Gegensatz<br />

zu seinem Freund Neill) für notwendig, daß Kin<strong>der</strong> die Schule besuchen<br />

und dort etwas lernen. Es erscheint ihm unehrlich und fahrlässig, dies<br />

völlig dem Belieben des Kindes zu überlassen. Wills formulierte hier eine<br />

deutliche Verhaltenserwartung: Die Kin<strong>der</strong> müssen, obwohl keinerlei Strafdrohung<br />

dahintersteht. Sofern die Beziehungen zwischen Eltern / Erziehern<br />

und Kind in Ordnung sind, reicht die deutlich artikulierte und begründete<br />

For<strong>der</strong>ung zusammen mit <strong>der</strong> Tatsache, daß alle an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> die Schule<br />

ebenfalls besuchen, völlig <strong>aus</strong>. Wo dies nicht reicht, müssen tiefere Probleme<br />

vorliegen, gegen die Strafe (purer Verhaltenszwang) nicht hilft, son<strong>der</strong>n lediglich<br />

zusätzliche Probleme erzeugt. For<strong>der</strong>ungen dieser Art o<strong>der</strong> Kritik an<br />

bestimmten Handlungen wi<strong>der</strong>sprechen nicht <strong>der</strong> unbedingten Annahme und<br />

Liebe zum Kind, son<strong>der</strong>n zeugen eher von <strong>der</strong> Sicherheit vermittelnden Sorge<br />

um sein Wohlergehen.<br />

Beim ungehin<strong>der</strong>ten Ausleben <strong>der</strong> Störungssymptome wäre auch das<br />

schädliche Eingreifen äußerer Autoritäten (Polizei etc.) zu befürchten. Bernfeld<br />

(1974d: 269 - 277) beschreibt, wie er mit dem Ladendiebstahl einer<br />

Heimkin<strong>der</strong>-Gruppe verfuhr. Die Behandlung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> im Heim hätte diese<br />

Schokoladendiebstähle im Lauf <strong>der</strong> Zeit sicher abgestellt. Doch inzwischen<br />

wären Polizei und Gericht tätig geworden, mit üblen Folgen für die Kin<strong>der</strong>.<br />

Gerade um <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> willen hatte <strong>der</strong> Erzieher nicht die Zeit, auf den<br />

langfristig absehbaren Erfolg seiner Liebespädagogik zu warten, son<strong>der</strong>n<br />

er mußte sofort eingreifen und an<strong>der</strong>en Instanzen zuvorkommen. Das moralische<br />

Verständnis dieser Kin<strong>der</strong>n war noch sehr unterentwickelt, und ebenso<br />

stand es mit <strong>der</strong> Selbstregierung des Heimes, beide boten keine<br />

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