Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

13.2. Anfänge der Republik
In einem Vortrag (in Bazeley 1948: 32 - 54) beschrieb Lane selbst die ersten
Eröffnungswochen:
Um einen erfolgreichen Beginn zu sichern, begann er bewußt langsam und
mit wenigen Jugendlichen. Ende Juni und Anfang Juli 1913 kamen die ersten
Bürgerinnen, vier 13 bis 16jährige Mädchen. Drei von ihnen gehörten zu einer
Bande mehrfach rückfälliger und systematisch vorgehender Ladendiebinnen,
die der Richter, selbst Mitglied des Trägervereins, für unverbesserliche
Kriminelle hielt und erst nach langem Zögern Lane überließ.
In der neuen Umgebung, in der man nichts von ihnen forderte, erwiesen sie
sich als die freundlichen hilfsbereiten Mädchen, die sie auch waren. Lane erklärte
dem verblüfften Richter, dies sei ihre wahre Natur, und keineswegs
sein Produkt.
Zusammen mit dem Hauselternpaar, Lane und den Mitte Juli dazugekommenen
zwei Jungen und einem Mädchen blieben sie die einzigen Bewohner,
bis Ende Oktober Lanes Ehefrau Mabel mit ihren vier Kindern eintraf. Im
Juni 1914 lebten bereits 16 Jungen, 12 Mädchen und 11 Kindergartenkinder
im Little Commonwealth.
Die Mädchen hatten die Ankunft der Jungen begeistert vorbereitet,
waren aber bald enttäuscht von diesen dreckigen, lärmenden Angebern mit
ekligen Tischsitten. Die Jungen waren frech, destruktiv und arbeitsscheu,
plünderten die Erdbeerbeete der Mädchen und lärmten die halbe Nacht im
Schlaftrakt. Lane lehnte es ab, sie zur Ruhe zu zwingen oder auch nur zu
mahnen. Er wollte die Situation auf die Spitze treiben, bis sie so gespannt
und unerträglich würde, daß die gesamte Gemeinschaft gegen das Verhalten
der Jungen rebellierte. Die Jugendlichen selbst sollten dann Schlüsse aus den
Folgen ihrer Handlungen ziehen, damit sie diese Schlüsse auch als ihre eigenen
akzeptieren konnten, um dann die sinnvollen Handlungsweisen beizubehalten
und die anderen zu unterlassen.
Diese grundsätzliche Ermutigung aller Aktivitäten und Experimente der Jugendlichen
(prosozial wie antisozial) erschien ihm unbedenklich, zumindest
im Little Commonwealth, das von einer öffentlichen Meinung oder einem öffentlichem
Gefühl (public sentiment) regiert wurde und auf dem ökonomischen
Gesetz von Ursache und Wirkung, Handlung und den zu tragenden
Folgen beruhte.
Lane schritt also nicht ein und versuchte bewußt nicht, sich am Lärmen zu
beteiligen und dadurch den Spaß zu verderben. Er erklärte, im Little Commonwealth
solle man tun, was Spaß macht.
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