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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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sam und zunehmend durch eine stärker pragmatisch auf effiziente Erziehung<br />

und Besserung zielende neue Sichtweise abgelöst.<br />

Ursachen und Motive delinquenten Verhaltens sollten nun k<strong>aus</strong>al erklärt<br />

und dann durch pädagogische Einwirkung, durch Setzen neuer Motive korrigiert<br />

o<strong>der</strong> durch vorbeugende Erziehung schon im Ansatz verhin<strong>der</strong>t werden.<br />

Wenn nun gestraft wurde, sollte dies nicht mehr schädigen o<strong>der</strong> Depressionen<br />

erzeugen, son<strong>der</strong>n lediglich Rückfälle verhin<strong>der</strong>n.<br />

Gesetzliche und moralische Vorschriften sind meist keineswegs natürlich,<br />

son<strong>der</strong>n künstlich gesetzt. Sie unterscheiden sich von Gesellschaft zu Gesellschaft<br />

und von Jahrhun<strong>der</strong>t zu Jahrhun<strong>der</strong>t. Ihre Kenntnis und Anerkenntnis<br />

kann daher nicht angeboren sein, son<strong>der</strong>n muß von jedem Individuum in<br />

Kindheit und Jugend erlernt werden.<br />

Ein Verstoß gegen diese Vorschriften zeugt daher weniger von angeborenem<br />

o<strong>der</strong> wesensmäßig bösem, schlechtem Charakter, son<strong>der</strong>n vielmehr von<br />

fehlenden o<strong>der</strong> fehlerhaften Lernprozessen.<br />

Delinquenz gilt nunmehr als erworbener Charakterzug o<strong>der</strong> als erlernbare<br />

und verlernbare Angewohnheit, und nicht als angeborener o<strong>der</strong> unverlierbarer<br />

Charakterzug: wesensmäßig schlechte Jugendliche gibt es nicht 32 , sie sind<br />

- zumindest prinzipiell - durch Erziehung besserbar und än<strong>der</strong>bar.<br />

Verbrechen wird nun häufig als eine Art soziale Krankheit gesehen, die geheilt<br />

werden muß, d. h. <strong>der</strong> Hilfe bedarf - und nicht <strong>der</strong> gleichwertigen Übelzufuhr<br />

zur Sühne. Das Strafbedürfnis entfällt. Strafen sollen nicht mehr <strong>der</strong><br />

Vergeltung, son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong> Erziehung, Besserung und Motivierung dienen<br />

und können so grundsätzlich auch durch an<strong>der</strong>e ebenso wirksame Erziehungsund<br />

Therapiemaßnahmen ersetzt werden. Zumindest soweit Jugendliche betroffen<br />

sind, wurde diese For<strong>der</strong>ung - zumindest im Grundsatz - durch die Jugendgefängnis-<br />

und Jugendgerichtsbewegung durchgesetzt. Zwischen einem<br />

Menschen, d. h. seiner Persönlichkeit o<strong>der</strong> seinem Wesen einerseits und seinen<br />

einzelnen Handlungen an<strong>der</strong>erseits wird nun deutlich unterschieden und<br />

getrennt. Eine Tat kann verurteilt werden, ohne den ganzen Menschen mit zu<br />

verdammen, und die Verdammung einer Handlung bedeutet nicht unbedingt<br />

ihre Bestrafung.<br />

32 Dies entspricht dem Motto von E. J. Flanagan und F. Starr: einen schlechten Jungen gibt<br />

es nicht (There is no such thing as a bad boy).<br />

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