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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Märtyrer zu werden und die an<strong>der</strong>en Freiheiten, die Summerhill bot, zu zerstören.<br />

Hier war einer <strong>der</strong> wenigen Punkte, wo er ganz pragmatisch einen<br />

Kompromiß mit gesellschaftlichen Beschränkungen schloß.<br />

Neill setzte seine Vorstellungen von sexueller Freiheit auch konsequent<br />

praktisch um. Schon 1915 hatten ein Rezensent von A Dominies Log vermutet,<br />

Neill befürworte den Geschlechtsverkehr zwischen seinen Schülern<br />

(Weekly Dispatch 14.11.1915; nach Hemmings 1972: 21). Nacktheit war in<br />

Summerhill für Erwachsene wie Kin<strong>der</strong> beim Baden o<strong>der</strong> bei warmem Wetter<br />

im Garten selbstverständlich, Badezimmertüren waren unverschlossen<br />

(obwohl je<strong>der</strong> Benutzer sie hätte verschließen können). Die unter 11jährigen<br />

Jungen und Mädchen wohnten ganz selbstverständlich in gemeinsamen Zimmern,<br />

die älteren getrennt. Doch schon in Lyme Regis schliefen Kin<strong>der</strong><br />

(besuchsweise) gelegentlich zusammen, obwohl Geschlechtsverkehr eher die<br />

Ausnahme war und es meist beim Petting blieb. Doch fast alle hatten ihre Affären,<br />

und Ältere teilten oft das Bett miteinan<strong>der</strong>. Affären zwischen älteren<br />

Schülern und Erwachsenen (Eltern, Lehrer) waren selten und galten nicht als<br />

Problem, und es gab auch Affären mit Dorfjugendlichen.<br />

Die Lehrer und auch Neill waren durch<strong>aus</strong> mit Grund besorgt, wenn sie etwa<br />

beim abendlichen Licht<strong>aus</strong>schalten feststellten, daß viele Jungen mit in<br />

den Betten ihrer Freundinnen schliefen. Einige Lehrer brachten das Thema<br />

mehrfach vor die Vollversammlung, doch Neill weigerte sich während des<br />

Zweiten Weltkrieges trotz vieler Vorstöße, etwas dagegen zu unternehmen: er<br />

wollte es nicht verbieten 412 .<br />

Neills freien Ansichten standen im Gegensatz zu den Ansichten in <strong>der</strong> Umgebung<br />

außerhalb Summerhills. Eine seiner Hauptsorgen war, daß ein Mädchen<br />

durch das freie Sexleben schwanger werden könnte. Weil Sex unter 16<br />

gesetzlich nicht erlaubt war und die meisten Eltern dagegen waren,<br />

‚Dulden‘ meant tolerate while ‚bejahen‘ meant active approval. I argued that I was running<br />

a school while he wasn't. I told him that to allow a full sex-life to adolescents would<br />

mean the end of my school if and when the government heared about it. He was not convinced,<br />

but one day when driven into a corner, he smiled and said: ‚I guess if I'd a school<br />

I'd have to be a damned coward, too.‘ ‚Reich,‘ I said, ‚you couldn't run a school. You are<br />

far too impatient and dictatorial.‘“ (Neill 1958; hier zitiert nach Hemmings 1972: 123).<br />

412 „Erna Gal recalls: ‚There were young lovers there, but Neill never said a word. I was sometimes<br />

worried when I went round to put the lights out and see wether they were in bed.<br />

Sure enough, they were - but with their girl friends. I went to Neill several times, and<br />

brought it up at the meeting. I said to him, ‚Is this all right that the young people are in<br />

bed with each other; I don't object personally, but are you going to do anything about it?‘<br />

I was worried that something would happen one day. For Neill this was a difficult question,<br />

and he was not very willing to put his foot down or do anything, he didn't want to influence<br />

the children. He never ticked them off for it, he wouldn't do that.‘“ (Croall 1984:<br />

279; <strong>der</strong> Bericht betrifft die Zeit 1940 - 1945 in Wales).<br />

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