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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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frei und offen diskutierbaren Bereiche, Möglichkeiten, Meinungen, Aspekte<br />

und Alternativen von vornherein einschränkt als unwichtig, ungehörig, unmoralisch,<br />

lächerlich, falsch, tabu, als spalterisch, staatsfeindlich, antiamerikanisch,<br />

antisowjetisch, antikirchlich o<strong>der</strong> dem Gegner nützlich, ..., verhin<strong>der</strong>t<br />

wirkliche Demokratie und Selbstregierung“ (S. 68).<br />

Dieses ist <strong>der</strong> theoretische Vorhof <strong>der</strong> Arbeit und das Plateau <strong>der</strong> methodischen<br />

Begründung <strong>der</strong> Kritik. Auf diesen Horizont wird das historische Material<br />

in Ost und West, Süd und Nord, von den USA, über England, Europa<br />

bis zur Sowjetunion bezogen: Hält es in dem, was es sagt und zugleich nicht<br />

sagt, dem Anspruch einer Erziehung zur Autonomie stand? Wie begründet<br />

o<strong>der</strong> verkleidet sich das Erzieherinteresse, wie frei ist die proklamierte Freiheit,<br />

welchen Zwecken dient die verborgene o<strong>der</strong> offene Form <strong>der</strong> Unfreiheit,<br />

wie begründet sich Freiheit und Gegenseitigkeit, wie löst sich <strong>der</strong> faktische<br />

Konflikt von Alter, Geschlecht und Generation? Das sind die entscheidenden<br />

Fragen im Durchgang durch die ältere und neuere Geschichte <strong>der</strong> Selbstregierung.<br />

Der erste, dem sich das so präzisierte Interesse zuwendet, ist F. W. Foerster,<br />

ein in den letzten Jahren fast vollkommen unbeachteter, theoretischpraktischer<br />

Pädagoge, dessen Schriften allerdings bis in die fünfziger Jahre<br />

größte Beachtung fanden. Neben dem Verweis auf Foersters Demokratieabwehr<br />

und seine theokratisch-monarchistischen Staatsvorstellungen arbeitet<br />

<strong>Martin</strong> <strong>Kamp</strong> her<strong>aus</strong>, daß sich bei ihm <strong>der</strong> Freiheitsbegriff geradezu verkehrt.<br />

„Freiheit ist Gehorsam und Unterwerfung, erst Zwang erzeugt wahre Freiheit,<br />

und Freiheitspädagogik, Hilfe zur Befreiung bedeutet, dem Gehorsam nachzuhelfen“.<br />

Dabei geht es letztlich um die Vernichtung <strong>der</strong> Individualität und<br />

die „synthetische Erzeugung einer vom Erzieher konzipierten künstlichen<br />

Einheitspersönlichkeit durch verfeinerte psychologisch-pädagogische Techniken.“<br />

(S. 91)<br />

Im Ergebnis zeigt die Analyse <strong>Kamp</strong>s, daß sich hier eher Reste einer<br />

Schwarzen Pädagogik als einer zur Freiheit und Autonomie erziehenden<br />

Vorstellung finden. F. W. Foerster ist einer Zwangsmoral verpflichtet. Die<br />

Formen <strong>der</strong> Selbstbestimmung dienen in Wahrheit einer Charakterformung<br />

als Willensunterwerfung. Die starre, auf eine transzendental gesicherte Ordnung<br />

verweisende Grundhaltung zeigt sich in jedem Detail. Gegenüber <strong>der</strong><br />

älteren, <strong>aus</strong>schließlich auf Sanktionierungen basierenden Erziehungspraxis<br />

<strong>der</strong> Heimerziehung zielt Foerster zwar auf Methoden <strong>der</strong> Selbsterziehung.<br />

Allerdings: Der Erzieher solle „autoritativ auftreten als ‚Repräsentant <strong>der</strong><br />

sittlichen Ordnung‘ und <strong>der</strong> ‚Würde <strong>der</strong> Autorität‘, <strong>der</strong> sich selbst völlig unter<br />

Kontrolle hat, unerschütterliche Haltung bewahrt, ohne jede Gereiztheit und<br />

ohne jeden Affekt stets objektiv und gerecht erzieht.“ (S. 92)<br />

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