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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Die Sicherung des laissez-faire gegen jeden äußeren Eingriff und das blinde<br />

Vertrauen in den demokratischen Prozeß sollten alle Probleme letztlich optimal<br />

lösen. Mit einer solchen Theorie konnte <strong>der</strong> erwachsene Leiter <strong>der</strong> Republik<br />

eigene Wünsche und For<strong>der</strong>ungen nicht einmal legitim formulieren.<br />

Eine über das selbständige Erfahrungslernen und die gegenseitige Selbsterziehung<br />

hin<strong>aus</strong>gehende Einflußnahme war nicht vorgesehen und wurde als<br />

Beginn <strong>der</strong> autoritären Anstalt interpretiert. An<strong>der</strong>erseits trug <strong>der</strong> Leiter aber<br />

die Verantwortung für den Erziehungserfolg und die Einhaltung <strong>der</strong> amtlichen<br />

Mindesterfor<strong>der</strong>nisse, letztlich für den Bestand <strong>der</strong> ganzen Republik. Er<br />

konnte nicht beiden Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden! Es war natürlich allen<br />

klar, daß die Republik eine sehr ungewöhnliche Erziehungseinrichtung war,<br />

und nicht irgendein x-beliebiges Dorf. In <strong>der</strong> Theorie ignorierte man dies<br />

aber.<br />

Die tatsächlichen Zustände entsprachen den Annahmen Georges immer<br />

weniger. Das Selbstregierungssystem und das eigene Wirtschaftssystem<br />

brachten offenbar nicht die vor<strong>aus</strong>gesagten idealen Ergebnisse hervor. Wie<br />

schon die Anfangsjahre zeigten, waren manche Regierungen korrupt, unfähig<br />

und ineffektiv, und viele Jugendliche skrupellos, gewalttätig und dreckig. Die<br />

Fähigkeiten <strong>der</strong> Jugendlichen, mit diesen Problemen selbst fertig zu werden,<br />

nahmen immer mehr ab. Die Umwandlung in ein Reformatory hatte den Anteil<br />

<strong>der</strong> schwierigen und charaktergeschädigten Jugendlichen stark vergrößert.<br />

Gleichzeitig führte die allgemeine Besserung des Schul- und Wohlfahrtswesens<br />

dazu, daß unterprivilegierte normale Jugendliche auch woan<strong>der</strong>s Chancen<br />

hatten und immer seltener freiwillig in die Junior Republic eintraten. Es<br />

galt als offenes Geheimnis, daß die Selbstregierung nicht mehr funktionierte,<br />

wenn mehr als ein Drittel <strong>der</strong> Bürger wegen einer Gerichtsauflage gekommen<br />

war. Die Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Helfer und die Freiwilligen stabilisierten die Jugendgemeinschaft<br />

beträchtlich und besetzten die meisten bedeutenden Positionen<br />

und Ämter.<br />

Während George durch eine eigene Ausbildungsstätte die Professionalität<br />

<strong>der</strong> Republikarbeit bedeutend steigerte, verurteilte er gleichzeitig jegliche<br />

Professionalisierungstendenz als persönliche Bequemlichkeit, Lauheit und<br />

Rückkehr zur alten Anstalt. Die Republik mußte aber immer mehr professionelle<br />

Pädagogen mit einer professionellen Arbeitseinstellung anstellen. Im<br />

Gegensatz zum bisherigen familiären Ton von Daddy George, Onkel Tom<br />

Osborne, Onkel Cal Derrick und Onkel Hotchy Hotchkiss (<strong>der</strong> Lehrer) wurde<br />

nun die For<strong>der</strong>ung nach abgetrennter Freizeit und einem privaten Familienleben<br />

<strong>der</strong> Angestellten laut.<br />

Die nicht jedem Jugendlichen frei zugänglichen privaten Familienwohnungen<br />

hätten die Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Helfer <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Republik her<strong>aus</strong>gelöst. George<br />

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