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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Statt des auf Gewalt, Drohung und Strafe gründenden unpersönlichen Verhältnisses<br />

in alten Anstalten wollte er ein auf Vertrauen gegründetes, emotional<br />

geprägtes, familiär-familienartiges, mütterlich / väterliches Autoritätsverhältnis.<br />

Zur familiären Atmosphäre gehörte auch eine materielle Großzügigkeit<br />

und gute Ausstattung, die zumindest bis dahin für Heime ziemlich unüblich<br />

war, sowie eine gute Schul- und Berufs<strong>aus</strong>bildung. All das gelang offenbar<br />

auch, Flanagan konnte die emotionale Bindung sogar weit über die Zeit<br />

des Heimaufenthaltes aufrechterhalten: Die bereits entlassenen Jungen schrieben<br />

Briefe, machten Besuche, stellten ihre Bräute vor und Flanagan traute sie.<br />

In Boys Town herrschte auch - trotz des massiven Einsatzes von Priestern -<br />

eine für katholisch-kirchliche Anstalten ungewöhnlich große religiöse Toleranz.<br />

Flanagan war zwar kein radikaler, aber ein durch<strong>aus</strong> bedeuten<strong>der</strong> gemäßigter<br />

Reformer des Strafsystems. Als Anhänger <strong>der</strong> Jugendgerichtsbewegung<br />

for<strong>der</strong>te er die Schaffung geson<strong>der</strong>ter Jugendgerichte und Jugendgefängnisse.<br />

„Father Flanagan hat Pionierarbeit geleistet in einer Zeit, da man in den USA noch<br />

zwölfjährige Jungen nicht nur zum Tode verurteilte, son<strong>der</strong>n auch das Urteil an ihnen<br />

vollstreckte.“ (Adlhoch 1951: 307)<br />

21.1. Biographie und Heimgründung<br />

Edward Joseph Flanagan wurde am 13.07.1886 in Irland geboren und wan<strong>der</strong>te<br />

- wie nach und nach seine ganze Familie - 18jährig in die USA <strong>aus</strong>. Er<br />

studierte in New York, Rom und Innsbruck, wo er im Juni 1912 zum katholischen<br />

Priester geweiht wurde.<br />

Als er Anfang 1913 Kaplan in Omaha, Nebraska wurde, herrschte dort<br />

wegen verheeren<strong>der</strong> Trockenheit und Mißernten große Arbeitslosigkeit, Hunger<br />

und Elend unter den Wan<strong>der</strong>-Landarbeitern.<br />

Mit Spendengel<strong>der</strong>n organisierte Flanagan ein Arbeiterhotel (November<br />

1913), in dem mittellose Männer auch kostenlos aufgenommen wurden. In<br />

den folgenden Jahren wuchs das Hotel auf über 1000 (Oursler 1951: 114)<br />

o<strong>der</strong> zumindest bis zu 500 (Flanagan 1965: 308) Schlafplätze. Unter den Gästen<br />

waren Alkoholiker, Landstreicher, Gauner, aber auch heimatlose Jungen.<br />

Flanagan bemerkte, daß insbeson<strong>der</strong>e die Alkoholiker in seinem Hotel regelmäßig<br />

eine tragisch problembeladene Jugend gehabt hatten, und konzen-<br />

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