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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Als Sohn des bedeutenden Berliner Astronomieprofessors und Präsidenten<br />

<strong>der</strong> Monistenbewegung, Wilhelm Foerster, und einer Nichte des Generalfeldmarschalls<br />

von Moltke saß er als Kind des öfteren auf den Knien des Kaisers,<br />

mit dem sein Vater gut befreundet war. Er wuchs freidenkerisch auf und<br />

leitete (durch seinen Vater) die Zeitschrift <strong>der</strong> Bewegung Ethische Kultur,<br />

wandte sich jedoch entschieden dem Katholizismus zu, weil er die Überzeugung<br />

gewann, Ethik benötige ein religiöses Fundament (obwohl er lebenslang<br />

konfessionslos blieb). Von beiden Kirchen wurde er wegen geringfügiger (!)<br />

Glaubensabweichungen befehdet, von den Freidenkern wegen seiner Propagierung<br />

<strong>der</strong> Religion. Schließlich wurde ihm 1948 o<strong>der</strong> 1949 in Leipzig die<br />

theologische Ehrendoktorwürde verliehen. Er blieb lebenslang ein entschiedener<br />

Monarchist und Patriot, <strong>der</strong> aber seine Karriere mit einer Haftstrafe<br />

wegen Kaiserbeleidigung begann, für die bayrische Räterepublik tätig war,<br />

den größten Teil seines Leben im (republikanischen) Ausland verbringen<br />

mußte und in den wenigen Jahren in Deutschland wegen seiner massiven Kritik<br />

an <strong>der</strong> deutschen Politik in den Ruf eines Deutschenhassers und Feindes<br />

des Vaterlandes geriet. Er war ein führen<strong>der</strong> Pazifist, <strong>der</strong> Vorschläge für eine<br />

bessere Wehrertüchtigung vorlegte, ein Gegner <strong>der</strong> Demokratie und gleichzeitig<br />

<strong>der</strong> maßgebliche Vertreter bei <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> deutschen Schülermitverwaltung.<br />

Gemeinsam mit Kerschensteiner spielte er die führende Rolle bei <strong>der</strong> Einführung<br />

<strong>der</strong> Schülermitverwaltung im Deutschen Reich (vgl. Scheibe 1966,<br />

1980). Foerster machte die Selbstregierung hierzulande erst bekannt und populär<br />

durch sein vielzitiertes, mehrfach ergänztes und umgearbeitetes Buch<br />

Schule und Charakter (1907 1 , 1914 12 , 1920 14 , 1953 15 ). In diesem <strong>Wer</strong>k<br />

nahm er <strong>aus</strong> katholischer Sicht Stellung zu Autorität, Gehorsam, Disziplin,<br />

Sexualerziehung sowie gegen Koedukation und für Elitenbildung. Die ersten<br />

Auflagen erschienen mit dem Untertitel Beiträge zur Pädagogik des Gehorsams<br />

und zur Reform <strong>der</strong> Schuldisziplin.<br />

Neben einigen meist wenig radikalen schulischen Selbstregierungsmodellen<br />

in Deutschland, Österreich und <strong>der</strong> Schweiz beschrieb er vor allem die amerikanische<br />

School City und die englische Public School. Foerster war zweifellos<br />

<strong>der</strong> einflußreichste deutschsprachige Theoretiker <strong>der</strong> Selbstregierung. Die<br />

Schriften <strong>der</strong> sehr viel freiheitlicheren und demokratischeren sozialistischen<br />

Pädagogen (Bernfeld, Löwenstein, Kanitz u. a.) hatten viel weniger praktischen<br />

Einfluß in den noch weitgehend an <strong>der</strong> Monarchie orientierten Schulen.<br />

Die manipulative Freiheitsauffassung ist - wie schon Rousseau zeigt - keine<br />

deutsche Spezialität. In England sah es vergleichbar <strong>aus</strong> (vgl. Hemmings<br />

Pädagogik. Freiburg: Her<strong>der</strong> 1965(4); Hehlmann 1982(12); Lexikon <strong>der</strong> Pädagogik <strong>der</strong><br />

Gegenwart Freiburg: Her<strong>der</strong> 1930.<br />

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