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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Neills nach den Ferien stets erneut eingebrachter und stets nie<strong>der</strong>gestimmter<br />

Antrag, ihm pro Kind und Ferientag 2 Shilling zu zahlen, weil er täglich<br />

die Betten aller (abwesenden!) Kin<strong>der</strong> gemacht habe, war mehr als ein dummer<br />

Scherz und demonstrierte völlig beiläufig und sehr deutlich praktisch,<br />

daß:<br />

– die Demokratie real ist, daß die Autorität tatsächlich bei <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

liegt, nicht beim Leiter, und daß man sich ohne Nachteil gegen die Auffassung<br />

des Leiters stellen kann.<br />

– über wirklich wichtige Dinge (das eigene Geld!) beschlossen wird, man<br />

sich also darum kümmern sollte.<br />

– Erwachsenen-Anträge besser nicht ungeprüft übernommen werden.<br />

8.7.1.2. Vertrauen auf selbständiges Lernen ist nicht wertindifferent:<br />

Erziehung ‚in‘ statt Erziehung ‚zu‘ und organisierte Erfahrung<br />

Neill äußerte immer wie<strong>der</strong> sehr entschieden eigene politische, religiöse<br />

(atheistische) und moralische Überzeugungen, lehnte es aber entschieden ab,<br />

die Kin<strong>der</strong> diese Überzeugungen zu lehren. Aus <strong>der</strong> Ablehnung, Überzeugungen<br />

als wahr zu lehren, darf nicht auf eine Gleichgültigkeit<br />

(Indifferenz) gegenüber diesen <strong>Wer</strong>ten geschlossen werden.<br />

Neill war ein ganz entschiedener Anhänger <strong>der</strong> Gleichheit und individuellen<br />

Freiheit aller Menschen und deshalb <strong>der</strong> Demokratie. Er lehnte jede Erziehung<br />

zu autoritativ vorgegebenen Zielen - und sei es die Erziehung zur<br />

Demokratie - scharf ab 121 . Das Kind soll <strong>aus</strong> eigener Erfahrung seine eigenen<br />

<strong>Wer</strong>te und Vorstellungen bilden. Trotzdem heißt das nicht, daß Neill <strong>der</strong><br />

Entwicklung des Kindes indifferent und uninteressiert gegenübersteht, im Gegenteil.<br />

Ein Beispiel soll dies erläutern:<br />

Neill setzt an die Stelle einer Erziehung zur Demokratie das Leben in<br />

Demokratie. Er predigt nicht, son<strong>der</strong>n garantiert einige allgemeine<br />

Grundrechte 122 und läßt dann praktizieren.<br />

Aus <strong>der</strong> Ablehnung <strong>der</strong> Erziehung zu läßt sich aber nicht auf eine <strong>Wer</strong>tindifferenz<br />

Neills schließen. Die demokratische <strong>Wer</strong>tung ist vielmehr bereits<br />

in <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Schule vorgenommen und damit viel grundle-<br />

121 Erziehung zu etwas setzt immer vor<strong>aus</strong>, daß <strong>der</strong> Erziehende objektiv weiß, was für den<br />

Erzogenen gut und richtig ist und dem Erzogenen darum vorschreiben kann, wie er<br />

künftig zu leben hat. Neill bestreitet prinzipiell, daß irgendjemand einem An<strong>der</strong>en autoritativ<br />

vorschreiben darf, wie er richtig zu leben hat, was für den An<strong>der</strong>en gutes leben<br />

heißt. Eine solche objektive <strong>Wer</strong>tentscheidung ist tatsächlich schwerlich begründbar.<br />

122 Hiermit sind vor allem die grundlegende Sicherheit und Unversehrtheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, allgemeine<br />

Gleichheit und Toleranz gemeint. Dar<strong>aus</strong> ergibt sich fast naturwüchsig eine Art<br />

Demokratie.<br />

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