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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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zwischen dem hier betont als Pädagoge agierenden Kommuneleiter Makarenko<br />

und dem ökonomisch agierenden Kommunevorstand <strong>der</strong> Dzierzynski-<br />

Kommune (d. h. <strong>der</strong> Ukrainischen GPU als Träger), zeigt, daß in <strong>der</strong> Kommune<br />

nicht nur Makarenkos Einflüsse wirkten:<br />

Seit <strong>der</strong> Ernennung eines neuen Politleiters <strong>der</strong> Kommune durch die GPU<br />

im September 1929 fühlte Makarenko sich zunehmend behin<strong>der</strong>t. Er wehrte<br />

sich gegen die vom Kommunevorstand durchgesetzte Verwandlung <strong>der</strong> Jugendarbeitskommune<br />

in einen primär ökonomisch bestimmten Fabrikkomplex<br />

mit erheblich erweiterter industrieller Produktion, in dem die speziellen Erzieherstellen<br />

537 abgeschafft und die Jugendlichen gegenüber den nicht zur<br />

Jugendkommune gehörigen Arbeitern deutlich in die Min<strong>der</strong>heit gerieten. Der<br />

Kommuneleiter Makarenko unterlag im Winter 1930/31 in diesem Konflikt<br />

und durfte seitdem grundsätzliche Fragen nur noch mit Zustimmung des Vorstands<br />

(-Vorsitzenden) entscheiden. Während Makarenko 1932 mit den<br />

Kommunarden den Sommer<strong>aus</strong>flug in den Kaukasus unternahm, wurde er als<br />

Gesamtleiter <strong>der</strong> Kommune abgesetzt und im April 1932 zum Pädagogischen<br />

Leiter und Gehilfen des häufig wechselnden Direktors degradiert (letztlich eine<br />

konsequente Folge <strong>der</strong> völligen Fabrikisierung). Aufgrund <strong>der</strong> Konflikte<br />

mit den Direktoren um die weiter zunehmenden Kompetenzbeschneidungen<br />

plante Makarenko mehrfach, zu einer an<strong>der</strong>en Jugendeinrichtung überzuwechseln<br />

(im Herbst 1929 erwog er sogar die Mitnahme aller Zöglinge nach<br />

Leningrad) o<strong>der</strong> sich als Schriftsteller in Moskau nie<strong>der</strong>zulassen (vgl. Dunstan<br />

1984: 73; Hillig 1980: 133).<br />

Zumindest in den letzten vier Jahren wurden die Kommunarden - gegen<br />

Makarenkos Willen - individuell nach Tarif entlohnt. Ein Vollversammlungs-<br />

Beschluß stellte 90% des Lohns dem Kollektiv zur Verfügung, die restlichen<br />

10% waren Taschengeld, das in <strong>der</strong> Regel freiwillig und unabhebbar (eine<br />

merkwürdige Kombination!) auf Sparkonten eingezahlt wurde (vgl. Heimpel<br />

1956: 24).<br />

537 In Zukunft sollten nur noch Lehrer und Meister (nebenbei) erziehen. Dies wird gelegentlich<br />

als Beweis für den pädagogischen Erfolg <strong>der</strong> Kollektiverziehung angeführt, die sogar<br />

Erzieher überflüssig mache. In <strong>der</strong> Chronik Umgeblätterte Seiten gab Makarenko für das<br />

Jahr 1930 u. a. an: „16. Oktober. Abschaffung <strong>der</strong> Erzieherstellen in <strong>der</strong> Kommune. Die<br />

Kommunarden waren bereits so gewachsen, und ihre Selbstverwaltung hatte sich so<br />

entwickelt, daß sie in <strong>der</strong> Folgezeit schon selbst die in <strong>der</strong> Kommune eingeführte Ordnung<br />

und Disziplin aufrechterhalten konnten.“ (Makarenko 1970: 471) Im Vortrag in<br />

einer Pädagogischen Lehranstalt schrieb Makarenko (1978: 431): „Große Bedeutung<br />

hatte die Komsomolorganisation. Im dritten Jahr des Bestehens <strong>der</strong> Kommune hatte die<br />

Komsomolorganisation eine solche Bedeutung, daß ich alle Erzieher entließ und nur die<br />

Lehrer behielt, während wir früher Erzieher hatten, die nicht gelehrt, son<strong>der</strong>n erzogen haben.“<br />

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