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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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1. Einleitung und Überblick<br />

Die Heimerziehung wird seit mindestens zweihun<strong>der</strong>t Jahren immer wie<strong>der</strong><br />

<strong>aus</strong> den verschiedensten Gründen hart kritisiert. Man wirft ihr Ineffektivität,<br />

Unmenschlichkeit und Brutalität, Erziehung zu Passivität, Unselbständigkeit<br />

und Unterwürfigkeit und noch vieles an<strong>der</strong>e vor. Zweifellos hat sich vieles<br />

gebessert. Doch gelegentlich öffentlich werdende Heimskandale 1 und<br />

erschreckende Autobiographien 2 ehemaliger Heimkin<strong>der</strong> sowie die seit<br />

Jahren feststellbaren Bestrebungen 3 zur Wie<strong>der</strong>einführung geschlossener<br />

Heimerziehung bei uns und des scharfen Schocks in England zeigen, daß es<br />

noch vieler Reformen und Verbesserungen bedarf.<br />

Auf diesem Hintergrund erscheinen dann Heime, die von den Zöglingen<br />

frei und selbst regiert werden, als eine faszinierende Alternative. Dieses Buch<br />

handelt von dem viele Jahrzehnte alten und vielfach erprobten, jedoch<br />

bei uns recht unbekannt gebliebenen Reformmodell selbstregierter Heime,<br />

die häufig auch als <strong>Kin<strong>der</strong>republiken</strong> o<strong>der</strong> Jugendrepubliken bezeichnet<br />

werden. Das organisatorische Vorbild solcher Heime ist nicht die kasernenartige<br />

Anstalt o<strong>der</strong> die in <strong>der</strong> Praxis oft autoritäre Familie, son<strong>der</strong>n die demokratische<br />

Republik, <strong>der</strong> Staat und die sich selbst regierende Stadt.<br />

Das junge Volk einer solchen Kin<strong>der</strong>republik gibt sich meist eine Art Verfassung,<br />

setzt ein gesetzgebendes Organ (Vollversammlung, Parlament) ein,<br />

das die Regeln des Zusammenlebens festlegt, und einen jugendlichen Richter<br />

o<strong>der</strong> ein Gericht, die sich mit den Regelverstößen befassen. Außerdem werden<br />

jugendliche Beamte gewählt, die bestimmte <strong>aus</strong>führende Verwaltungstätigkeiten<br />

übernehmen, etwa die Steuereintreibung und Kassenführung<br />

(Finanzminister), die Schreibarbeiten (Staatssekretär) etc. Ihnen steht häufig<br />

ein gewählter Bürgermeister o<strong>der</strong> Präsident als Versammlungsleiter und<br />

höchster Repräsentant vor.<br />

1 Siehe hierzu z. B. die in <strong>der</strong> Heimkampagne Ende <strong>der</strong> 60er Jahre wie<strong>der</strong>aufgedeckten<br />

Mißstände (Autorenkollektiv 1976: 345 f.).<br />

2 etwa Brosch (1971), <strong>Wer</strong>ner (1972), Homes (1982) und Becker (1971).<br />

3 Siehe dazu z. B.: Möllhoff (1979) sowie Nonnenmacher (1983, 1984).<br />

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