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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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gegen alles, was man ablehnt, protestieren, son<strong>der</strong>n müsse in unwesentlichen<br />

Punkten Kompromisse schließen, wenn man mehr wolle als schnell zum<br />

Märtyrer zu werden. So heiratete er zweimal - obwohl er <strong>nichts</strong> vom Heiraten<br />

hielt -, weil er sonst um die Existenz <strong>der</strong> Schule fürchtete. Aus denselben<br />

Gründen gab er den Schülern - gegen seine Überzeugung - keine Empfängnisverhütungsmittel,<br />

um keinen billigen Vorwand für eine Schulschließung zu<br />

liefern.<br />

Die beiden Männer, die Neill am meisten beeinflussten, Lane und Reich,<br />

sahen sich beide als Menschheitsretter, wurden wegen ihrer Arbeit vor Gericht<br />

gestellt und starben kurz nach ihrer Verurteilung. Beide befassten und<br />

identifizierten sich in gewisser Weise mit Christus und trugen zu ihrer Kreuzigung<br />

aktiv bei. Neills Sorge war zeitlebens, daß es ihm ebenso wie seinen<br />

Freunden ergehen könnte.<br />

Die kurz nach Reichs Tod einsetzende Freundschaft Neills mit Henry Miller<br />

445 war eine Art Ersatz für die mit Reich.<br />

18.5.4. Probleme <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

Obwohl er den ganzen Krieg lang darauf hingelebt hatte, fiel es Neill nach<br />

dem Krieg schwer, Summerhill in Leiston wie<strong>der</strong> aufzubauen. Sein hohes<br />

Alter war zunehmend deutlich spürbar, und sein Gesundheitszustand war nach<br />

dem Krieg schlechter geworden, sein Pioniergeist war erlahmt, zeitweise<br />

verlor Neill das Interesse an Summerhill. Die schon in Wales schwierigen<br />

Beziehungen zum Personal blieben schlecht. Neill begann, von Summerhill<br />

als lebenslänglicher Verurteilung zu sprechen und träumte - etwa siebzigjährig<br />

- von völligem Neuanfang im Ausland o<strong>der</strong> zur-Ruhe-setzen. Während <strong>der</strong><br />

gesamten 1950er Jahre blieb die Situation schwierig.<br />

Er sah die Welt pessimistisch, hatte ernste Gesundheitsprobleme, mehrere<br />

ernste Krankheiten, litt an Überarbeitung und an den Finanzproblemen <strong>der</strong><br />

Schule.<br />

445 Die Freundschaft mit Henry Miller, einem ebenfalls bil<strong>der</strong>stürmenden Geistes-Bru<strong>der</strong><br />

und Mit-Rebellen für die sexuelle Freiheit, <strong>der</strong> die Welt ebenso - und ebenso sexuell -<br />

schockierte, füllte in gewissem Maße die Lücke nach Reichs Tod. Miller nahm erstmals<br />

Sommer 1958 in einem Brief Kontakt mit Neill auf, in dem er um die Adresse einer<br />

Schule in USA bat, die Summerhill irgendwie ähnelte, um seine 13jährige Tochter dorthin<br />

zu schicken. Neill wußte keine solche Schule (sie entstanden erst wenige Jahre später).<br />

Die dar<strong>aus</strong> entstehende Freundschaft war nicht zufällig: Miller besaß schon vor Erscheinen<br />

des Summerhill-Bandes 5 Bücher von Neill und plante ein - später verworfenes<br />

- radikales Buch über freie Erziehung (Croall 1984: 359). Die Freundschaft spielte<br />

sich (ähnlich wie mit Reich) weitestgehend in Briefen ab, in denen sie einan<strong>der</strong> ihr Leid<br />

klagen und ihre Unterstützung versichern konnten. Neill und Miller trafen sich lediglich<br />

im Herbst 1961 in einem Londoner Restaurant.<br />

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