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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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tätliche Angriffe wurden nie verabschiedet, beides galt durch allgemeine<br />

Übereinstimmung als verboten und strafbar. Eines Gesetzes bedurfte es da<br />

nicht.<br />

Die Strafen waren meist einfache Wie<strong>der</strong>gutmachungen, etwa Rückgabe<br />

von gestohlenen Dingen, Neubeschaffung, Ausgleichszahlungen, Schmerzensgeld.<br />

Ein Schüler, <strong>der</strong> den Lehrer schlug, mußte ihm einige Tage lang die Schuhe<br />

putzen. Als <strong>der</strong> Lehrer einen Schüler (nach massiven Provokationen) geschüttelt<br />

hatte, wurde auch er ganz selbstverständlich zum Schuheputzen verurteilt.<br />

Strafe im Sinne gezielter Schadenszufügung gab es nicht.<br />

15.3. Diktatur und Regierung <strong>der</strong> Bürgervereinigung<br />

1942<br />

Formal-technisch betrachtet gab es eine starke Selbstregierung in Barns. Die<br />

Erwachsenen spielten aber bei den Entscheidungen <strong>der</strong> Vollversammlung eine<br />

sehr bedeutende Rolle, sie wurden stets automatisch als verantwortlich und<br />

als zuständig betrachtet, die Kin<strong>der</strong> vom Aufstehen bis zum Zubettgehen bei<br />

allem zu beaufsichtigen. Man überließ den Erwachsenen, sehr bequem, in<br />

<strong>der</strong> Praxis gern die Sorge dafür, daß Regelverstöße vor die Versammlung<br />

o<strong>der</strong> das Komitee gebracht wurden.<br />

Nach 18 Monaten lief alles mit Hilfe <strong>der</strong> Erwachsenen routiniert und recht<br />

ordentlich, so daß Wills auf Än<strong>der</strong>ung sann. Er versorgte einen Jungen, dem<br />

die Vollversammlung etliche Beschränkungen auferlegt hatte, gezielt mit Argumenten<br />

dafür, alle Regeln (und damit Beschränkungen) aufzuheben und<br />

völlig neu zu beginnen. Der so gut begründete Vorschlag des Jungen wurde<br />

von <strong>der</strong> Vollversammlung einstimmig angenommen. Es wurden aber keine<br />

neuen Regeln erlassen.<br />

Wills nahm dies gezielt und absichtlich zum Vorwand, die Diktatur des<br />

Heimleiters <strong>aus</strong>zurufen und die lahme erwachsenenabhängige bisherige<br />

Selbstregierung zu beseitigen. Er schaffte den freien Ausgang ab, diktierte<br />

alle Regeln und das Ämtersystem und führte etwas (sehr wenig!) formelle<br />

Disziplin ein, um die Diktatur ein wenig unangenehmer zu gestalten.<br />

Die Kin<strong>der</strong> fügten sich - zu Wills Mißvergnügen - relativ problemlos in<br />

seine Diktatur und gehorchten. Wills erklärte, es gebe einen wichtigen Unterschied<br />

zwischen ihm und den an<strong>der</strong>en Diktatoren: ihn müsse man nicht gewaltsam<br />

stürzen, son<strong>der</strong>n er trete je<strong>der</strong>zeit zurück, sobald die Jungen eine Art<br />

demokratische Versammlung schafften, die bereit sei, das Heim wirklich<br />

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