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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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endigkeit, das Selbstbewußtsein, die Initiative, das Verantwortungsgefühl,<br />

die Integrität und (sogar!) die gute Disziplin <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> her<strong>aus</strong>, lobten Neills<br />

große Fähigkeiten und betonten, daß es allen Pädagogen gut täte, diese<br />

Schule und ihre faszinierende und wertvolle pädagogische Forschungsarbeit<br />

zu sehen.<br />

18.6. Sechziger Jahre: Ruhm und Wirkung<br />

18.6.1. Das ‚Summerhill‘ Buch<br />

Bis 1960 war Neill in den USA praktisch unbekannt 448 . Der amerikanische<br />

Verleger Harold Hart erhielt von Neill freie Hand, <strong>aus</strong> Teilen von vier Büchern<br />

449 Neills eine gut verkäufliche Zusammenstellung zu produzieren.<br />

Neill bereute bald, daß er völlig freie Hand gegeben hatte, denn das Buch<br />

enthielt viele völlig veraltete Passagen, mit denen Neill längst nicht mehr<br />

übereinstimmte. Dazu zählten insbeson<strong>der</strong>e die Freud'schen Interpretationen<br />

von Träumen und Symbolen, die Neill längst abgelegt 450 hatte. An<strong>der</strong>erseits<br />

448 Zwar waren einige seiner Bücher <strong>der</strong> Problem-Serie auch in USA erschienen und auch<br />

rezensiert worden, es wurden aber nur wenige hun<strong>der</strong>t Exemplare verkauft. Vor allem<br />

einige mit Reichs Arbeit vertraute radikale Lehrer und Psychologen und die Zuhörer seiner<br />

Vorträge 1947 und 1948 dürften Summerhill gekannt haben.<br />

449 The Problem Child (1926), The Problem Parent (1932), That Dreadful School (1937),<br />

The Free Child (1953).<br />

450 Selbst im Vorwort wird Neill fälschlich als Freudianer bezeichnet und kritisiert. Erich<br />

Fromm nennt dort als einen seiner beiden Vorbehalte gegen Neill: „Darüber hin<strong>aus</strong> sind<br />

ihm die Hypothesen Freuds allzusehr letzte Wahrheit; nach meiner Meinung überschätzt<br />

er, wie die meisten Freudianer, die Bedeutung <strong>der</strong> Sexualität.“ (Erich Fromm, Vorwort zu<br />

Neill 1969: 16)<br />

„Au, au, das hätte ich besser prüfen sollen, denn Summerhill enthält einen Teil, <strong>der</strong> mich<br />

zum Freudianer macht, was ich schon seit vielen Jahren nicht mehr bin; ich bin we<strong>der</strong><br />

Freud-Anhänger noch sonst jemandes Anhänger.“ (Neill 1982: 343)<br />

Den in diesem Buch enthaltenen häufig (zu recht!) Anstoß erregenden wild spekulativen<br />

Schlußzeilen hätte er zweifellos nicht mehr zugestimmt:<br />

„Was sollte eine Lehrerin tun, wenn ein Junge während des Unterrichts mit seinem<br />

Bleistift spielt?<br />

Bleistift gleich Penis. Dem Jungen ist verboten worden, mit seinem Penis zu spielen.<br />

Therapie: Die Eltern müssen das Onanierverbot aufheben.“ (Neill 1969: 338)<br />

Seine inzwischen massive Abneigung gegen die Freud'schen Interpretationen zeigt die<br />

1945 in einem Brief an Reich geübte Kritik an Melanie Kleins Contributions to Psychoanalysis,<br />

1921 - 1945: ‚voll von Kastration und Analcharakteristika und Mutters Penis<br />

und was nicht alles. Sie zu lesen gleicht, auf einem Friedhof mit offenen verwesenden<br />

Leichen zu sein; sich dann deinen Funktionen zuzuwenden gleicht dem Hin<strong>aus</strong>gehen auf<br />

eine Frühlingswiese.‘<br />

430

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