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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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kurzfristig aufgehoben werden, um dann wie<strong>der</strong> eine neue, bessere zu<br />

schaffen 99 .<br />

Wenn Gesetze allzuwenig eingehalten wurden und die Selbstregierung<br />

nicht mehr funktionierte, o<strong>der</strong> wenn die Regierung und die Gesetze als unerträglich<br />

lästig angesehen wurden, kam es vor (bei Lane, Wills und Neill), daß<br />

die Selbstregierung aufgehoben wurde. Entwe<strong>der</strong> durch Ausrufung des Leiters<br />

(o<strong>der</strong> einer an<strong>der</strong>en geeigneten Person) zum Diktator bzw. Anstaltsleiter,<br />

o<strong>der</strong> durch Ausrufung <strong>der</strong> Anarchie bei Aufhebung aller Regeln und Regierungseinrichtungen.<br />

Manchmal wurden Diktatur- o<strong>der</strong> Anarchie-Perioden von<br />

Erwachsenen veranlasst, manchmal von den Jugendlichen selbst beschlossen.<br />

Die Anarchieperioden endeten stets nach wenigen Tagen o<strong>der</strong> auch Wochen,<br />

wenn klar wurde, daß ein völlig regelloses und gesetzloses Leben<br />

höchst unangenehm und anstrengend ist. Entwe<strong>der</strong> wurden dann langsam erste<br />

neue Regeln beschlossen, o<strong>der</strong> aber alle alten Regeln wie<strong>der</strong> in Geltung<br />

gesetzt. Trotz <strong>der</strong> Einsicht in die Unmöglichkeit des völlig gesetzlosen Lebens,<br />

und obwohl alle froh sind, wenn die gesetzlose Zeit vorüber ist, wird sie<br />

im Rückblick gern als goldenes Zeitalter <strong>der</strong> Freiheit betrachtet. Stephens<br />

(1988: 34) erwähnt, daß eine solche Aufhebung aller Gesetze in Summerhill<br />

durchschnittlich etwa alle 18 Monate stattfindet, wenn die dann zu zahlreichen<br />

Regeln unübersichtlich und lästig werden.<br />

Auch die Diktaturperioden bedrohen die Selbstregierung weniger, als es<br />

zunächst den Anschein hat, schließlich handelt es sich nicht um politische<br />

Staaten, in denen dies in <strong>der</strong> Tat äußerst bedrohlich wäre. Bei den Erziehungsrepubliken<br />

ist vom Diktator kaum ein Machtmißbrauch zu befürchten,<br />

<strong>aus</strong> folgendem einfachem Grund: Wenn die Erzieher (und diese sind es ja, die<br />

die Selbstregierung aufrichten!) eine Selbstregierung wollen, dann werden sie<br />

ihr eigenes Ziel nicht hinterrücks selbst hintertreiben und ihre Macht als Diktator<br />

mißbrauchen. Und wenn die Erzieher an<strong>der</strong>e Ziele als diese Selbstregierung<br />

haben, dann werden sie diese an<strong>der</strong>en Ziele sowieso stets anstreben, und<br />

<strong>nichts</strong> wird sie daran hin<strong>der</strong>n können. In beiden Fällen än<strong>der</strong>t die Diktatur<br />

<strong>nichts</strong> Grundlegendes.<br />

Die Diktatur soll nicht bestimmte richtige Meinungen durchsetzen, son<strong>der</strong>n<br />

ein nicht mehr funktionierendes Selbstregierungssystem aufheben und innerhalb<br />

weniger Tage o<strong>der</strong> Wochen die Vor<strong>aus</strong>setzung und Motivation für<br />

99 Es gab bei Wills wie auch bei Neill kein festes Verfassungssystem, ganz im Gegensatz zu<br />

den unverän<strong>der</strong>lichen und lediglich ergänzbaren Verfassungen <strong>der</strong> Junior Republics.<br />

Schon Lane hatte alle festen Systeme abgelehnt, auch die Freiheitssysteme, die Freiheit<br />

in ein System pressen und schon dadurch massiv einschränken. Für ihn blieb Freiheit<br />

stets eine Sache <strong>der</strong> Kreativität.<br />

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