Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

23. Silva in Bemposta
23.1. Falsche und unklare Darstellungen
Berichte über die Kinderrepublik Bemposta 635 sind meist von großer Begeisterung
und wenig Sachkenntnis geprägt. Möbius berichtet in seinem weitverbreiteten
rororo-Bildband vom „einzigen Kinderstaat der Welt“ (Möbius
1981: 25), einer völlig selbstregierten Kinderrepublik, die der
„bedeutendste(n) lebende(n) Sozialpädagoge(n)“ 636 Pater Silva 1956 in
Spanien gründete. Durch einen weiteren Bemposta-Bildband bringt auch Heleno
Sana (1979: 23) seine ‚persönliche Huldigung‘ an Pater Silva dar und
betont die starke Mitarbeit Bempostas an seinem Text.
Die Darstellung der Kinderrepublik Bemposta erinnert zunächst stark an
die George Junior Republic, die aber im Zusammenhang mit Bemposta nie
erwähnt wird. Auch Bemposta besitzt angeblich eine (in der spanischen Münze
in Madrid hergestellte) eigene Währung, in der Schüler und Lehrlinge
entlohnt werden, eine eigene Bank mit jugendlichem Bankdirektor, eine uniformierte
Polizei, eine Grenzkontroll- und Zollstation (mit umfangreichen
Einreiseformalitäten und Besuchervisa), eigene Pässe, eigene Staatsindustrie
(Lehrwerkstätten) und Schulen, eine Staatsrundfunk- und Fernsehstation
(=Lautsprecheranlage, Videoanlage) und natürlich eine eigene Regierung.
Den Beschreibungen nach scheint Bemposta ein pädagogisches Paradies zu
sein, das die von der Industriegesellschaft zerstörte organische Einheit des
Menschen wiederherstellt (Sana 1979: 48).
635 Die spanische Kinderrepublik Bemposta liegt ca. 7 km südlich der galicischen Provinzhauptstadt
Orense und ca. 40 km. von der portugiesischen Nordgrenze entfernt. Wer von
Orense die alte Hauptstraße nach Zamorra hinauffährt, kommt an der Tankstelle Bempostas
vorbei.
636 So schrieb Professor Peter Struck im Vorwort zu Möbius (1981: 9). Nach Poschkamp u.
Schnyder (1985: 14) war Struck nie in Bemposta.
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