Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

ten, K. Wilker, A. Ferrière unterstützten das Selbstregierungskonzept nachdrücklich.
Die Studentenbewegung besann sich (zumindest in ihrer frühen, antiautoritären
Phase) gezielt auf die Vertreter antiautoritärer Pädagogik (soweit sie in
Deutschland bekannt waren) und machte dabei bezeichnenderweise vor allem
solche Autoren wieder populär, die der Kinderrepublik verbunden waren
(Bernfeld, Kanitz, Neill, Reich, Rühle).
Die Heimerziehung blieb zwar ein Randgebiet, doch es war wohl kein Zufall,
daß in den 60er Jahren gerade A. S. Neill zum bedeutendsten Beispiel
antiautoritärer und progressiver Pädagogik wurde: Neill war eine zentrale
Figur der Reformpädagogik und der Kinderrepublik-Bewegung, er war
Mitbegründer der wichtigsten internationalen reformpädagogischen Vereinigung,
Herausgeber ihres Verbandsorgans (ebenso wie Ferrière, Rotten, Wilker
u. a.), war der wichtigste Schüler Lanes, ein enger Freund Reichs, auch
mit Stekel befreundet, lehrte in der renommierten Reformschule King Alfred
School und gründete schließlich seine Internationale Schule, das spätere
Summerhill, in einer Filialschule der Odenwaldschule. Er war bereits seit
dem ersten Weltkrieg ein bekannter und radikaler Erziehungskritiker, Erziehungsreformer
und Autor erfolgreicher pädagogischer Bücher. Neill war einer
der letzten überlebenden populären reformpädagogischen Selbstregierungs-
Praktiker, hatte schon fast ein halbes Jahrhundert erfolgreich in diesem Sinne
aktiv praktiziert und war seinen Grundsätzen treu geblieben: Er war das
ideale Beispiel eines bedeutenden, konsequent freiheitlichen Erziehers.
Es bleibt zu hoffen, daß die bewußte Beschäftigung mit den Methoden und
Möglichkeiten pädagogischer Selbstregierung Auswirkungen auf die pädagogische
Praxis der Gegenwart haben wird.
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