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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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9.1.4. Reform des Präfektensystems in den Public Schools<br />

Die britischen 170 Public Schools sind das direkte Gegenstück zu den deutschen<br />

Landesschulen. Ihr prefect-, monitor- o<strong>der</strong> fagging system (fag = Fuchs<br />

= Anfänger) wurde wenige Jahre später in ganz ähnlicher Weise reformiert<br />

171 . Diese Reform - eigentlich eine Neubegründung <strong>der</strong> untergehenden<br />

Public Schools - ist vor allem das <strong>Wer</strong>k des Dr. Thomas Arnold, <strong>der</strong> von<br />

1828 bis 1842 Schulleiter (Headmaster) in Rugby war. Sein Konzept wurde<br />

das Muster für die Erziehung <strong>der</strong> britischen oberen Gesellschaftsklassen<br />

schlechthin.<br />

Arnold betonte beson<strong>der</strong>s die Moralerziehung, Gewissenserziehung und<br />

Charaktererziehung. In <strong>der</strong> christlichen Religion sah er den wesentlichsten<br />

Erziehungseinfluß, und als sonntäglicher Prediger übte er von <strong>der</strong> Kanzel seinen<br />

größten Einfluß <strong>aus</strong>. Für Arnolds Erziehungsziel des christian gentleman<br />

standen moralische und religiöse Prinzipien wie absolute Ehrlichkeit und unwandelbare<br />

Gesetzestreue an erster Stelle.<br />

An zweiter Stelle folgte das Benehmen eines Gentleman, wozu auch<br />

Schlichtheit und Selbständigkeit (die Jungen hatten keinen Diener), die <strong>aus</strong>gedehnten<br />

Mannschafts-Sportspiele sowie die wohltätige Sorge für die Armen<br />

gehörte. Intellektuelle Leistung in antik-klassischer Bildung folgte erst an<br />

dritter Stelle.<br />

Arnolds Ziel war die moralische Übereinstimmung bei großer intellektueller<br />

Freiheit und Gegensätzlichkeit - wohl eine Wurzel <strong>der</strong> vielgerühmten englischen<br />

Fairness. Er führte die Schule zwar als persönlicher Alleinherrscher,<br />

wollte sie aber nur moralisch und nicht geistig beherrschen. Eigene Unkenntnis<br />

und Fehler gab er offen zu und ermunterte seine Schüler zu selbständigem<br />

Denken und Lesen, sowie zu eigenen Ansichten, auch wenn sie den seinen<br />

völlig entgegengesetzt waren.<br />

Mit seinen Schülern, die ihn lebenslang loyal und ehrfürchtig bewun<strong>der</strong>ten,<br />

pflegte er enge persönliche Beziehungen und vertraute ihnen so sehr, daß es<br />

als äußerst unanständig galt, ihn zu belügen: Er glaubte einfach alles. Obwohl<br />

er Verhaltens-Zwang ablehnte, strafte Arnold die moralischen Vergehen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

Lügen, sehr hart.<br />

Die Reform <strong>der</strong> Public School durch Moral- und Charaktererziehung verän<strong>der</strong>te<br />

auch das berüchtigte Präfektensystem, ohne es ganz abzuschaffen.<br />

Unter weniger befähigter Schulleitern blieb es gefährlich.<br />

170 Diese sind nicht zu verwechseln mit den ebenfalls public school heißenden öffentlichen<br />

Volksschulen in den USA!<br />

171 Der folgende Abschnitt stützt sich auf den Artikel Arnold, Thomas in Monroe (Vol I,<br />

1911: 200 - 223).<br />

195

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