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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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konnte Neill den Jugendlichen keine Empfängnisverhütungsmittel geben und<br />

mußte sich mit <strong>der</strong> Warnung vor den Folgen einer Schwangerschaft begnügen.<br />

Neill betonte in <strong>der</strong> Öffentlichkeit, daß er von keinen Schwangerschaften<br />

413 in seiner Schule wisse. Privat war er aber äußerst besorgt und bat<br />

manche Eltern darum, Pessare 414 für ihre Töchter zu besorgen, was die Eltern<br />

aber fast immer ablehnten. Einige Eltern meldeten stattdessen ihre<br />

Töchter ab.<br />

Während Neill vertrauensvoll wegsah und hoffte, tendierte Mrs. Lins dazu,<br />

die Jungen <strong>aus</strong> den Mädchenbetten zu werfen. So war es möglicherweise<br />

mehr Glück (o<strong>der</strong> berechtigtes Vertrauen) als gutes Management, daß es<br />

- zumindest soweit bekannt 415 - in Summerhill we<strong>der</strong> Schwangerschaften<br />

noch Abtreibungen gab (vgl. dazu Croall 1984: 196 - 198).<br />

Anscheinend bemühte Neill sich, die in Summerhill herrschende sexuelle<br />

Freiheit nicht allzu bekannt werden zu lassen. So beantwortete er 1936 die<br />

Frage, warum seine jugendlichen Jungen und Mädchen in separaten Zim-<br />

413 „Hat es in Summerhill je einen Fall von Schwangerschaft o<strong>der</strong> A btreibung gegeben?<br />

Ich habe nie von <strong>der</strong>artigem gehört, und ich nehme an, daß ich es von den Eltern erfahren<br />

hätte, wenn ein Mädchen schwanger geworden wäre.“ (Neill 1971b: 29) ...<br />

„Ich hasse den Gedanken an Abtreibung, aber ich sehe ihre Notwendigkeit ein.“ (ebd.)<br />

„Natürlich dürften Jugendliche in Summerhill miteinan<strong>der</strong> geschlafen haben, zumal es<br />

eine Schule ist, wo abends kein Lehrer mit <strong>der</strong> Taschenlampe seinen Rundgang macht.<br />

Wie wir in all den fünfzig Jahren ohne eine Schwangerschaft davongekommen sind, weiß<br />

ich nicht. Eine Erklärung mag die sein, daß die Kin<strong>der</strong> am Schicksal <strong>der</strong> Schule starken<br />

Anteil nehmen. Es mag ja Schwangerschaften gegeben haben, von denen ich nie erfuhr,<br />

doch kann ich mir an<strong>der</strong>erseits nicht vorstellen, daß irgendwelche Eltern die Neuigkeit<br />

vor mir geheimgehalten hätten.“ (Neill 1982: 273)<br />

414 Dies bezieht sich auf die erste Hälfte <strong>der</strong> 40er Jahre (vgl. Croall 1984: 279).<br />

„In einem meiner Bücher habe ich erwähnt, daß mich einmal ein paar heranwachsende<br />

Mädchen fragten, ob sie sich ein Pessar einsetzen lassen dürften. Ich sagte ihnen, ich<br />

könne ohne die Einwilligung ihrer Mütter <strong>nichts</strong> unternehmen. Ich schrieb den Müttern.<br />

Nur zwei von sechs stimmten zu, und dabei waren alle sechs Mädchen seit ihrem siebten<br />

o<strong>der</strong> achten Lebensjahr auf meiner Schule. Die Geschichte liegt vierzig Jahre zurück, und<br />

ich frage mich nur, wie viele Mütter heutzutage zustimmen würden.“ (Neill 1982: 273)<br />

415 Vergleiche allerdings folgende Stelle <strong>aus</strong> einem Brief an Reich vom 14. Oktober 1950:<br />

„Du wirst Dich sicher noch an die vielen Gespräche erinnern, die wir in Oslo und N. Y.<br />

über das Problem geführt haben, inwieweit man in <strong>der</strong> Frage des Liebeslebens von Jugendlichen<br />

auf <strong>der</strong>en Seite stehen soll. Ich glaube, es ist nur dann sinnvoll, wenn sie Freiheit<br />

von frühauf hatten. Zum Beispiel: Ein Paar kam erst spät nach S'hill. Ich bejahte ihre<br />

Liebesbeziehung. In den Ferien sind sie zusammen, und sie wird schwanger ... und macht<br />

mich dafür verantwortlich. Der erste Fall dieser Art in 30 Jahren. Ich werde zur alten<br />

Methode zurückkehren und es einfach ablehnen, unzuverlässige Jugendliche zu unterstützen<br />

und damit, d. h. durch übles Gerede, Haß und Angst, mein Leben zu gefährden.<br />

Nein, man kann nur bei jenen Kin<strong>der</strong>n ‚auf <strong>der</strong>en Seite‘ sein, die Freiheit von Anfang an<br />

gehabt haben. Die an<strong>der</strong>en werden einen einfach <strong>aus</strong>nutzen. Und in meinem Alter ist es<br />

einfach zuviel für mich, noch Verantwortung für jene zu übernehmen, die sie nicht einmal<br />

für verteidigenswert halten.“ (Placzek (Ed.) 1989: 432; „...“ dort)<br />

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