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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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wendigkeit begründet. Die Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen üben hier die drei politischen<br />

Gewalten <strong>aus</strong>, ohne daß auf staatliche Formen <strong>Wer</strong>t gelegt wird (etwa<br />

in Summerhill). Gerade diese radikalen Selbstregierungs-Praktiker weisen<br />

(paradoxerweise) darauf hin, daß die Erzieher einen großen Teil <strong>der</strong> Verantwortung<br />

selbst übernehmen müssen, weil Heimkin<strong>der</strong> zu effektiver Verwaltung<br />

und Regierung oft kaum in <strong>der</strong> Lage sind. Doch sie beschreiben auch,<br />

wie Erzieher die Selbstregierung unterstützen müssen, ohne sich manipulierend<br />

einzumischen (geteilte Verantwortung, shared responsibility).<br />

Erzieher an<strong>der</strong>er Richtungen (wie Silva und Makarenko), die angeben,<br />

sämtliche Entscheidungen uneingeschränkt den Kin<strong>der</strong>n zu überlassen, sagen<br />

einerseits nicht die Wahrheit und betreiben an<strong>der</strong>erseits faktisch (und dann<br />

notwendigerweise!) eine intensive Manipulation <strong>der</strong> Selbstregierung.<br />

Schließlich wird erstmals <strong>der</strong> Versuch unternommen, Persönlichkeit, Methode<br />

und konkrete Arbeitsweise von Kin<strong>der</strong>republik-Pädagogen zu beschreiben,<br />

dabei scheinbar magische pädagogische Fähigkeiten zu erklären<br />

und ihre grundsätzlich an<strong>der</strong>e Art des konkreten Erzieherhandelns aufzuzeigen,<br />

das, statt Maßnahmen zu ergreifen, wirkende Strukturen aufbaut und äußerlich<br />

wie Untätigkeit <strong>aus</strong>sieht.<br />

Der bei weitem umfangreichste dritte Teil beschreibt schließlich einige<br />

bekanntere (von Neill, Makarenko, Flanagan, Bernfeld, Silva) und unbekanntere<br />

selbstregierte Republiken, darunter auch die einzige bundesdeutsche am<br />

Starnberger See, sowie in einem Exkurs Schul- und Gefängnisselbstverwaltung.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> deutlich werdenden Traditionslinien (von George über<br />

Lane zu Neill und Wills etc.) entsteht erstmals auch eine Art von<br />

(notwendigerweise unvollständiger) Geschichte <strong>der</strong> Heimselbstregierung.<br />

Diese Beschreibungen führen zu überraschenden Ergebnissen: Die<br />

Selbstregierung <strong>der</strong> - für ihre Selbstregierung berühmten - Father Flanagans<br />

Boys Town scheint kaum <strong>der</strong> Rede wert zu sein. Die durch ihren Kin<strong>der</strong>zirkus<br />

bekannt gewordene spanische Kin<strong>der</strong>republik Bemposta ist - entgegen <strong>der</strong><br />

üblichen (Selbst-) Darstellungsweise - infolge Geldmangels, pädagogischer<br />

Unfähigkeit und totalitärer Ideologie vor allem ein abschreckendes Negativbeispiel.<br />

Makarenkos Arbeit in <strong>der</strong> Gorki-Kolonie und Dzierzynski-Kommune<br />

war keineswegs demokratisch, ist aber wegen vielfältig manipulierter Informationen<br />

nur sehr schwer zu bewerten. Allerdings gab es Vorläufer und parallele<br />

Einrichtungen, die mindestens so interessant zu sein scheinen, über die<br />

aber nur wenig bekannt ist. Teile des theoretischen Konzeptes wurden vermutlich<br />

beim deutschen Pädagogen Foerster entlehnt. Die Arbeit von Silva,<br />

Makarenko und (weniger deutlich) Flanagan zeigt die Möglichkeiten <strong>der</strong><br />

subtilen aber wirkungsvollen Beeinflussung <strong>der</strong> öffentlichen Meinung, wodurch<br />

sich die Selbstregierung letztlich autokratisch ma-<br />

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