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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Neill, weiterhin therapeutische Privatstunden für Erwachsene zu geben. Neill<br />

war auch kaum fähig, das ewig unpünktliche Personal zur Ordnung zu rufen,<br />

For<strong>der</strong>ungen zu stellen, Vorschriften zu machen und übernahm Aufgaben im<br />

Zweifelsfall eher selbst, als an<strong>der</strong>e dazu zu zwingen. Er duldete stillschweigend,<br />

vom Küchenpersonal bei <strong>der</strong> Nahrungsmittelbeschaffung beschummelt<br />

zu werden, um die Zufuhr nicht zu gefährden.<br />

Die Probleme mit dem Personal waren mitbedingt durch eine gewisse Eifersucht<br />

des inzwischen etwa sechzigjährigen Neill auf die Erfolge seiner<br />

beliebten jüngeren Kollegen.<br />

Einige <strong>der</strong> neueren Lehrer versuchten in Wales, ihm die Leitung <strong>der</strong> Schule<br />

zu entwinden, auch mit dem Argument, Neill könne nicht mit Erwachsenen<br />

umgehen, denke in festgefahrenen Bahnen und akzeptiere keine Kritik. Tatsächlich<br />

versteckte Neill seine Kritik gern hinter recht willkürlich vorgeschobenen<br />

und oft wi<strong>der</strong>sprüchlichen objektiven Gründen und war sich dessen in<br />

selbstkritischen Momenten auch durch<strong>aus</strong> klar bewußt 426 .<br />

Hauptkritiker Neills war ein junge Lehrer, <strong>der</strong> engagiert lehrte und sehr aktiv<br />

und beliebt war. Neill kritisierte, daß er zu dynamisch sei, die Kin<strong>der</strong> zuviel<br />

beeinflusse, daß er sie forme und daß die von ihm angeregten Kin<strong>der</strong>aktivitäten<br />

nicht eigene Aktivitäten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> seien, son<strong>der</strong>n von ihm abhingen.<br />

Statt <strong>aus</strong> eigenem Antrieb nur für sich selbst arbeiteten die Kin<strong>der</strong> um ihres<br />

Lehrers willen, was ihnen die Initiative nehme. Er sei wie ein Jesus <strong>der</strong><br />

auch seine Jünger hatte.<br />

Neills starre Ablehnung aller neuen Ideen frustrierte viele Lehrer: jede<br />

noch so kleine Abweichung von seiner Summerhill-Tradition war unmöglich -<br />

etwa die von Bill MacKinnon 427 organisierte Fußballmannschaft, die recht<br />

erfolgreich gegen an<strong>der</strong>e Schulmannschaften spielte, o<strong>der</strong> ein Plakatentwurfs-<br />

Wettbewerb, eine an<strong>der</strong>e als Neills Theater-Gruppe, eine neue Literatur-<br />

Gruppe und selbst die Diskussion solcher Verän<strong>der</strong>ungen: Neill unterstützte<br />

seine Ansichten mit feststehende Antworten und Anekdoten - ‚es war wie in<br />

einer religiösen Sekte‘ (vgl. Croall 1984: 328 f.).<br />

Etliche Lehrer waren auch <strong>der</strong> Auffassung, daß Neill die Kin<strong>der</strong> zumindest<br />

nicht ständig ermutigen sollte, dem Unterricht fernzubleiben, und daß Kin<strong>der</strong>,<br />

die sich zu einem Kurs entschlossen hatten, diesen regelmäßig be-<br />

426 „The established Jesus in Summerhill doesn't want any rivals“ (Neill in Croall 1984:<br />

328).<br />

427 Der Schotte Bill MacKinnon hatte in Kilquhanity House School gelehrt, bevor er 1946<br />

- für ca. 5 Jahre - nach Summerhill kam. Seine Ehefrau Käte arbeitete mit den jüngeren<br />

Kin<strong>der</strong>n. Bill MacKinnon organisierte eine Summerhill-Fußball-Mannschaft, die mit einigem<br />

Erfolg gegen an<strong>der</strong>e Mannschaften spielte. Neill äußerte seine Abneigung gegen<br />

organisierte Mannschaftsspiele (wie Public Schools!) und dem damit verbundenen Wettbewerb,<br />

und daß die künstlerischen Aktivitäten durch den Sport vernachlässigt würden.<br />

Wohl auch deshalb legte Neill nach einigen Jahren MacKinnon das Verlassen <strong>der</strong> Schule<br />

nahe (Croall 1984: 327 f.).<br />

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