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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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vieler an<strong>der</strong>er Kolonien, die auch nachher nur zu Rechtsbrechern taugten.<br />

Makarenkos Praxis stimme bestens mit <strong>der</strong> Sozialerziehung überein.<br />

Gleichzeitig wurden Makarenkos Persönlichkeit und Auftretensweise sowie<br />

seine verbalen Äußerungen aber schärfstens kritisiert. Die Diskussion um seine<br />

vorgetragenen Thesen zur Disziplin und Strafe beherrschte die Konferenz<br />

weitgehend 519 .<br />

Persönlichkeit und Auftretensweise Makarenkos wurden von Vascenko als<br />

narzistisch, verachtungsvoll und überheblich charakterisiert. Trotz seiner großen<br />

Unkenntnis verurteile er die gesamte bisherige pädagogische Literatur als<br />

bedeutungslos, weil er dort lediglich fertige Rezepte und detaillierte Handlungsanweisungen<br />

suche, und lasse die Geschichte <strong>der</strong> Pädagogik erst mit<br />

sich selbst beginnen.<br />

Makarenko legte in seinen Äußerungen sehr großes Gewicht auf Strafen<br />

und betonte, nach anfänglich auch körperlicher Züchtigung sei er nach Etablierung<br />

einer gewissen Ordnung und Disziplin längst zu würdigen Strafen<br />

moralischen Charakters übergegangen (meist Stehen mit geschultertem Gewehr).<br />

Er for<strong>der</strong>te die Erstellung eines allgemeinen amtlichen Strafenkodex<br />

für Heime durch eine kompetente Kommission, also eine Art Strafgesetzbuch,<br />

das die Tarife jedes Vergehens festlegt.<br />

Makarenko wurde von Vascenko als äußerst wi<strong>der</strong>sprüchlich charakterisiert:<br />

Er baue zwar das ganze Leben seiner Kommune praktisch auf Selbstdisziplin<br />

auf, stelle sich dann aber paradoxerweise in seinem Vortrag als<br />

Gegner <strong>der</strong> Selbstdisziplin dar. Der Erfolg <strong>der</strong> Gorki-Kolonie beruhe gerade<br />

nicht auf Strafen, diese seien zwar vorhanden, spielten aber nur eine ganz<br />

unwesentliche Rolle. Auch <strong>der</strong> betonte Militärdrill und die theatralischen<br />

Formen seien für die Erziehungsmethode unwesentliche, eher störende Zusätze.<br />

Makarenko betone und empfehle Strafen weit über die tatsächliche Bedeutung<br />

von Strafen in <strong>der</strong> Gorki-Kolonie hin<strong>aus</strong>, was (zutreffend!) als Versuch<br />

<strong>der</strong> Revision <strong>der</strong> Methoden und auch <strong>der</strong> Grundlagen <strong>der</strong> Sozialerziehung gesehen<br />

wurde 520 .<br />

519 Makarenko kritisierte dabei auch sehr bitter und zu Recht die Inkonsequenz und Heuchelei<br />

einer Gesellschaft, die die erwachsenen Verbrecher kurzerhand hinrichtet, ihre etwas<br />

jüngeren Komplizen, die zunächst nur unter militärisch bewaffneter Bewachung transportiert<br />

werden, dann in Kolonien einweist und die Pädagogen ohne weitere Hilfsmittel<br />

mit ihnen alleinläßt mit <strong>der</strong> allerstriktesten Auflage, sie keinesfalls auch nur zu ohrfeigen.<br />

Die zwar Disziplin wünscht, aber jede Disziplinierung verbietet, und die den Erziehern<br />

auch keine konkreten Richtlinien erläßt und ihnen kaum konkrete Methoden bietet, aber<br />

und trotzdem wie durch Zauberei Erziehungserfolge erwartet (vgl. Hillig 1978).<br />

520 Ein Großteil <strong>der</strong> Lehrer- und Erzieherschaft hatte die auf dem Befehlsweg eingeführten<br />

Ideen <strong>der</strong> Sozialerziehung nur oberflächlich als modische Neuheit angenommen und allenfalls<br />

schablonenhaft praktiziert. Vorgesetzte Stellen hatten wenig Hilfe bei <strong>der</strong> Praktizierung<br />

<strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten Methoden und wenig Hilfe gegen die die Erzieher terrorisierenden<br />

Zöglinge gegeben, aber den (häufig unbegründeten) Beschwerden <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendlichen viel<br />

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