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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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12.1. Settlementarbeit und Boys Clubs<br />

Homer Terril Lane (1875 - 1925; oft wird sein zweiter Vorname auch Tyrell<br />

geschrieben) arbeitete als Fahrer eines Fuhrwerkes, bevor er sich, motiviert<br />

und finanziert von seinem Freund Dr. C. Jones, von Mitte 1900 bis Mitte<br />

1901 im nahen Boston zum <strong>Wer</strong>klehrer (Sloyd teacher) <strong>aus</strong>bilden ließ. Dazu<br />

gehörten auch Vorlesungen bei John Dewey an <strong>der</strong> nahen Harvard-<br />

Universität.<br />

Die um 1850 in Schweden entstandene reformpädagogische Sloyd-Methode<br />

betonte Arbeitsfreude, Selbständigkeit, Selbsttätigkeit und Freiwilligkeit. Das<br />

Kind sollte auf keinen Fall zum Lernen gezwungen werden.<br />

Schon während <strong>der</strong> Ausbildung gab Lane sehr beliebte und erfolgreiche<br />

<strong>Wer</strong>kkurse für Schulkin<strong>der</strong>, arbeitete dann kurz im Reformatory, bevor er im<br />

September 1901 eine <strong>Wer</strong>klehrerstelle in Detroit antrat.<br />

Hier galt er als Radikaler und Ultraprogressiver sowie als Montessori-<br />

Anhänger 201 .<br />

Lane war, hier sind sich alle Autoren einig, zeitlebens ein glänzen<strong>der</strong> und<br />

faszinieren<strong>der</strong> Gesprächspartner, Redner und Geschichtenerzähler, ein Mann<br />

mit unwi<strong>der</strong>stehlichem Charme. Er konnte sich völlig in sein Gegenüber<br />

einfühlen und sich auf ihn einstellen, ihn zu fast allem überreden, auch das<br />

Unglaubliche glaubhaft erscheinen lassen und sich <strong>aus</strong> allem her<strong>aus</strong>reden.<br />

Auch kurze Begegnungen mit diesem außergewöhnlichen Mann waren für<br />

viele ein einschneidendes und unvergessliches Erlebnis. <strong>Wer</strong> ihn kannte,<br />

liebte ihn. Er hatte viele Bewun<strong>der</strong>er, aber keine Feinde: man konnte ihm<br />

nicht böse sein und verzieh ihm schnell. An<strong>der</strong>erseits, und auch hier sind alle<br />

einig, war Lane deutlich unfähig, sich gegen massivere Angriffe ernster Gegner<br />

selbst zu verteidigen. Für an<strong>der</strong>e konnte er kämpfen.<br />

In <strong>der</strong> Schule durfte Lane nicht mit Selbstregierung experimentieren. Etwa<br />

seit 1904 arbeitete er aber nebenbei auch im Hannah-Schloss-Settlementh<strong>aus</strong><br />

(in einem Detroiter Slumbezirk). Hier organisierte er seine <strong>Wer</strong>kgruppen, was<br />

völlig unüblich war, als selbstregierte Boys Clubs, in denen das Holzwerken<br />

hinter den allgemeinen sozialen Aktivitäten (Mannschaftssport, Ausflüge, Sexualaufklärung<br />

etc.) zurücktrat. Jedes Jahr organisierte er einen neuen Club,<br />

<strong>der</strong> sich selbst Verfassung und Regeln gab, Steuern (Clubbeiträge) erhob und<br />

eigene Überzeugungen und Traditionen entwickelte. Lane war vollberechtigtes<br />

Clubmitglied, zahlte Steuern, wurde gelegent-<br />

201 Später in England lehnte er die Montessori-Methode als nicht weitgehend genug ab und<br />

kritisierte sie als ein Freiheitssystem, das selbst die Freiheit wie<strong>der</strong> einschränkt. Sein<br />

Little Commonwealth in England enthielt trotzdem einen Montessori-<br />

Versuchskin<strong>der</strong>garten.<br />

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