Diplom.pdf
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Neben der unkonventionellen Aufforderung über seinen Warenumgang<br />
nachzudenken, waren auf den plakatgroßen Einladungen die Beschreibungen der<br />
7 gängigsten Lebensmittelzusätze nachzulesen, ein Bilanzierungskonzept namens<br />
„Ganzheitliche Bilanzierung“ und dazu entsprechende Vorträge und<br />
Veranstaltungen bei freiem Eintritt und zu der für einen österreichischen Laden<br />
unkonventionellen Beginnzeit 20 Uhr angekündigt. Die Vorträge trugen auch wenig<br />
massenkundenfreundliche Titel wie „Die ökonomische Bewertung von<br />
Veränderungen der natürlichen Umwelt“, von Prof. Dr. Michael Ahlheim, Universität<br />
Cottbus, oder beschäftigten sich mit den sozialen Auswirkungen der Produktion,<br />
wie beispielsweise Migration oder Arbeitslosigkeit, die in herkömmlichen<br />
Bilanzierungsmodellen kaum erfasst werden oder mit den gesundheitlichen und<br />
ökologischen Risiken bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Dazwischen<br />
fanden immer wieder Präsentationen von Künstlern statt, doch auch ihre<br />
Veranstaltungen trugen Namen wie „Food and Drug“ oder nüchtern „Über<br />
Lebensmittel“.<br />
Das Geschäft Point of Sale von Andreas Wegner, welches am 1. März von<br />
Wolfgang Zinggl und Marc-Andree Wolf von der Universität Stuttgart mit einem<br />
Vortrag über „Ganzheitliche Bilanzierung“ eröffnet wird, war schon im Vorfeld eines<br />
der umstrittensten Projekte Wolfgang Zinggls.<br />
„Natürlich gibt es verschiedene Kunstbegriffe und natürlich muss man das<br />
auch exzessiv diskutieren, aber man sollte das dann auch immer an die Kunst<br />
knüpfen. Als exponiertestes Beispiel ist da immer diese Kunstgreißlerei im 4. Bezirk<br />
angeführt worden und da ist einfach eine Sprachlosigkeit, von Dr. Zinggl. Der Dr.<br />
Zinggl kann nicht erklären, wo ist da die Kunst?“, fragt sich der Galerist Hubert<br />
Winter in einem Interview mit mir. 187<br />
Andreas Wegner (Bildhauer, geb. 1958 in Bremerförde, er zeichnete u.a. bereits für<br />
die Projekte,,Open Air", 1993 in Bremen und,,Haltestelle für Bonn", 1995 in Berlin<br />
verantwortlich) der Erfinder und Initiator des Projektes denkt wirklich nicht daran<br />
den Konsumenten oder Kritikern zu erklären, wo sie ist:<br />
„Das ist ein Lebensmittelgeschäft, wie man unschwer erkennen kann und<br />
was man hier auch sehen kann ist, dass der Kunstcharakter relativ<br />
zurückgenommen ist. Interessant und wichtig an dem Geschäft oder Kunstprojekt<br />
ist eigentlich, dass man gar nicht sieht, wo die Kunst ist. Und wenn ich jetzt erkläre<br />
wo die Kunst ist, wäre das ja fast ein Widerspruch zu dem Projekt, wo ich mir ja<br />
gerade Mühe gegeben habe die Kunst hier einigermaßen rauszuhalten...<br />
187 ebenda<br />
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