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3.5 Lioba Reddeker<br />
a) Lioba Reddeker und die basis<br />
Mit der Bestellung von Lioba Reddeker und Wolfgang Zinggl setzte der damalige<br />
Minister Scholten ein klares Zeichen in Richtung einer weiterführenden Schaffung<br />
von Rahmenbedingungen und Infrastruktur für aktuelle künstlerische Strömungen<br />
und einer verstärkten Förderung des Diskurses nach dem Vorbild der ehemaligen<br />
Bundeskunstkuratorin Stella Rolligs.<br />
Lioba Reddeker hatte sich schon mit dem AKKU 148 stark um die Erforschung und<br />
Förderung der Produktion, Vermittlung und Rezeption der aktuellen Kunst bemüht<br />
und hatte u.a. durch eigene Feldforschungen die Bedürfnisse und Mängel des<br />
österreichischen Kunstmarktes und der Kunstproduktion kennengelernt. 149<br />
Lioba Reddeker bekennt sich immer wieder zum starken Einfluss, den Pierre<br />
Bourdieu auf sie und ihr Denken hatte und nutzt in diesem Sinne auch den Begriff<br />
der „Spielregeln“:<br />
Ich gehe nun von der Grundannahme aus, dass Kunstfinanzierung immer<br />
auch konkrete Interventionen in einem Feld bedeuten und dieser Handlungsauftrag<br />
einer Schwerpunktsetzung per se eine asymmetrische Mittelvergabe bedingt...<br />
Für mich ergibt sich daraus die vehemente Frage, wie zum Beispiel eine<br />
Strukturdebatte in der Kulturpolitik geführt werden kann, ohne eine tendenziell<br />
abhängige und marginalisierte gesellschaftliche Teilgruppe noch weiter zu<br />
schwächen. Wie lassen sich ohne eine Spielverderberin zu sein die Spielregeln<br />
thematisieren und auch verändern? Die idealisierenden Bekenntnisse von der<br />
Freiheit der Kunst und die oft in politischen Reden betonte Wertschätzung kritischer<br />
Kunst sind meiner Meinung nach vielfach nur symbolischer Tribut an eine<br />
ökonomisch und sozial bereits marginalisierte Gruppe, die in diese Situation aber<br />
durch dieselbe Politik gekommen ist.<br />
Das Kuratorenmodell kann vor diesem Hintergrund meiner Meinung nach als ein<br />
Versuch verstanden werden, explizit inhaltliche Konkurrenz zu ermöglichen, sie vor<br />
allem öffentlich zu machen und auch öffentlich zu verhandeln.<br />
Sicherlich kann das nicht bedeuten, dass ausschließlich subjektzentriert gefördert<br />
werden kann. Wenn ich auch nach Erfahrungen mit der bisherigen Förderrealität in<br />
Österreich von den Künstlern nicht verlange, dass sie das für mich<br />
148 Vergleiche dazu: Stella Rollig<br />
149 Anmerkung: Allerdings hatte sie sich damit auch den Unbill einiger österreichischer<br />
Kunstschaffender zugezogen, da diese erst auf Grund ihrer Forschungsergebnisse vom Finanzamt<br />
auf ihre Einkünfte hin überprüft wurden.<br />
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