Diplom.pdf
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Point of Sale ist ein Projekt, welches diese Verkunstung der Gesellschaft oder auch<br />
der Produktion zurückführt. Warhol hat das ins Museum gebracht und ich hole das<br />
aus dem Museum wieder heraus, stelle das wieder ins Regal und versuche den<br />
Gegenstand der Wahrnehmung anders zu reflektieren.“ 188<br />
Der Journalist Vitus Weh hat sich im Kunstforum ebenfalls Gedanken über die<br />
moderne Warenwelt gemacht:<br />
Kaufen muß schnell gehen...Im Grunde weiß jeder, wie es abläuft: Die<br />
Dinge, die man wirklich benötigt (siehe Einkaufszettel), rafft man en passant<br />
zusammen und eilt – hier noch ein Sonderangebot schnappend, dort an einem<br />
geschickt platzierten Warenkorb vorbei dem Ausgang zu, um schließlich die viele<br />
Zeit, die auf dem rasanten Parcours gespart wurde, vor den Kassen wieder<br />
abzuwarten. Das ganze ist solch eine paradoxe Situation, dass jeder nur noch<br />
dumpf vor sich hinschaut. Kurz vor der Verblödung hat sich nun aber vielleicht eine<br />
Alternative aufgetan. Im Wiener Stadtteil Wieden hat seit Dezember 1998 mit,,Point<br />
of Sale" ein kleiner Supermarkt geöffnet, der solchem gelenkten und<br />
gedankenverlorenem Einkaufen etwas entgegenzusetzen versucht...Schön voll<br />
sieht er aus, alles fein geordnet...<br />
Wer näher hinzutritt, bemerkt allerdings verblüfft, dass jedes Produkt gleich<br />
zweifach vorhanden ist: einmal als konventioneller Artikel, wie man sie aus Spar<br />
und Penny kennt und knapp daneben ein Rapunzel- oder Demeter-Produkt, wie sie<br />
nur in Bioläden angeboten werden. Die Irritation, die aus dieser simplen<br />
Konfrontation entsteht, könnte nicht größer sein. Plötzlich merkt man, dass sich da<br />
Produktsorten unterscheiden wie zwei Sonnensysteme....<br />
Seltsamerweise berühren sich diese Warensphären so gut wie nie. Selbst<br />
nebeneinander im Regal sind die Produkte schwer miteinander zu vergleichen. Zu<br />
unterschiedliche Auszeichnungskonventionen regeln die Informationen über die<br />
Inhaltsstoffe, und völlig verschiedene ökonomische Strategien führen zu<br />
inkompatiblen Preisniveaus... Tatsächlich möglich wird der Vergleich dann durch<br />
umfassende Information. Unter anderem stellte man zwei Tischchen in den Raum,<br />
wie man sie aus Postämtern kennt. Hier klappt man allerdings keine Telefonbücher<br />
hoch, sondern Aktenordner, die über die verschiedenen E-Nummern<br />
(Lebensmittelzusatzstoffe) Auskunft geben, über das Pro und Kontra von<br />
Gentechnik ebenso wie über die verschiedenen Warennamen, Verpackungen,<br />
Herkunftsländer usw....Bezüglich der finanziellen Vergleichbarkeit orientiert man<br />
sich am Ideal der,,ganzheitlichen Bilanzierung", wie sie an der Universität Stuttgart<br />
entwickelt wurde. Die,,ganzheitliche Bilanzierung" versucht zu zeigen, was ein<br />
188 ebenda<br />
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