Diplom.pdf
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In diesem Zusammenhang könnte man natürlich auf viele unterschiedliche<br />
Aussagen und Artikel von österreichischen Kunstschaffenden und Theoretikern zu<br />
dieser „Grundsatzfrage“ nach der Einmischung oder Nichteinmischung des Staates<br />
zurückgreifen. Einerseits klagte die Künstlerschaft immer wieder über die<br />
diskreditierende „Abhängigkeit“ vom Staat und wünschte sich eine starke und<br />
finanzkräftige Marktwirtschaft, andererseits ist man sich aber darüber im Klaren,<br />
dass in Österreich noch immer keine Basis für eine solche vorhanden ist und bisher<br />
auch kaum ein befriedigender Anschluss an den internationalen Markt erfolgt ist.<br />
Diese Situation wird natürlich im Augenblick durch den Gewissenskonflikt<br />
einzelner Künstler darüber, Gelder von dieser neuen Regierung zu nehmen, und<br />
den internationalen Boykott Österreichs, der auch im kulturellen Bereich zu greifen<br />
kommt, verschärft. Die ehemalige Bundeskunstkuratorin Lioba Reddeker wies in<br />
einem Vortrag anlässlich des FOKUS Symposions in Graz 1998 auch auf ein<br />
weiteres Problem, das sich durch solche Privatisierungstendenzen im<br />
Zusammenhang mit der österreichischen Kunstwirklichkeit ergibt, hin:<br />
Wie kann man nun nach einer Verstärkung privaten Engagements rufen,<br />
ohne sofort große Lösungen zu versprechen oder eine kontraproduktive Dynamik<br />
zu provozieren, die jene Gruppen und Proponenten des Kunstfeldes schwächt,<br />
deren Produktionsweisen und inhaltliche Positionierungen nicht oder nur bedingt<br />
privatem Engagement zugänglich sind? Jener Sektor der spezifischen Produktion<br />
wird immer auf staatliche Fördermittel angewiesen sein. Zumal wenn eine<br />
gesellschaftliche Entwicklung angesprochen ist, die mit privatem Engagement auch<br />
“Privatheit” meint, die sich als konsumistischer Rückzug, subjektivierte<br />
Geschmacksurteile und Entpolitisierung äußert. 48<br />
Ähnlich wie Lioba Reddeker sieht auch Wolfgang Zinggl eine Gefahr im Rückzug<br />
des Staates:<br />
Das ist zweifelsohne eine Bereicherung für die Gemeinschaft, auch wenn da<br />
gelegentlich Regierungen kritisiert werden, Rot oder Blau. Diese Aktivitäten<br />
brauchen natürlich Investitionen, die der Handel aufgrund seiner<br />
Gesetzmäßigkeiten und seines Strebens nach kurzfristiger Maximierung des<br />
Kapitals nicht tätigen kann. Was sich nun an Überlebenskampf und Krampf ihrer<br />
Adepten abspielt, wenn sie die staatliche Finanzierung verlieren, lässt sich in den<br />
USA beobachten. Ein Vorgeschmack auf das, was in Europa geschehen könnte,<br />
wenn nur noch die Logotafeln am Sektbuffet das Sagen hätten. Werden diese<br />
Initiativen ausgehungert, weil sie manchmal beißen, brauchen bald auch die<br />
Oppositionsparteien keine Hand mehr, die sie füttert. Es wäre eine harm- und<br />
48 Reddeker Lioba: Cosi van tutte, Fokus Symposion, Graz, 1998, www.basis-wien.at<br />
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