Pfister - Alte Eidgenossen - Textblock - Dillum

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Bei Tschudi sind Defizite festzustellen, sowohl bei der Begründungs-
als auch bei der Konsensobjektivität (Stettler: Tschudi-Vademecum,
62).
Das will heißen, daß der Historiograph „Konjekturen“ angebracht habe,
also kombinierende Mutmaßungen. – So kann man Fälschungen
und Erfindungen von Quellen natürlich auch nennen.
Daß Tschudi und sein Kreis die Urkunden, die sie erwähnen, selber
geschaffen haben, steht außer Frage. Von den „römischen“ Inschriften
wissen wir das bereits. – Aber eben diese Fülle von Quellen ist
es, welche dem Werk seinen Nimbus gab.
Es gibt eine eigentliche Tschudi-Methode: Ein Ereignis wird dadurch
glaubwürdiger, indem man möglichst viele, auch unbedeutende
Quellen einbezieht.
Aus diesem Grunde finden sich im Chronicon zum Beispiel Gefallenenlisten
der Schlachten von Sempach und Sankt Jakob an der Birs
und eine zwölfseitige (!) Teilnehmerliste des Konzils von Konstanz,
gewissermaßen als historische Anwesenheitskontrolle (Stettler:
Tschudi-Vademecum, 21).
Auch war es zweifellos Tschudi und seine Umgebung, die das sogenannte
Habsburger Urbar angelegt haben, ein Verzeichnis der Güter,
welche dieses Geschlecht in der Schweiz besessen habe. Der
Teil über die Innerschweiz fehlt allerdings.
Dieses Urbar soll bei der Eroberung des Aargaus „1415“ von den
Eidgenossen erbeutet worden sein und wurde im 20. Jahrhundert
sogar für Wert befunden, im Quellenwerk zur Entstehung der
schweizerischen Eidgenossenschaft aufgenommen zu werden.
Bekanntlich habe das Kloster Sankt Gallen „um 900“ einen staunenswerten
Güterbesitz in der heutigen Nordostschweiz und in Süddeutschland
gehabt. Das Güterverzeichnis ist uns erhalten – natürlich
in einer „Abschrift“ aus dem Nachlaß von Aegidius Tschudi!
Die Fülle von Schriften, Abschriften, Quellen, die unter dem Namen
Tschudi läuft, zwingt zu einer ähnlichen Annahme wie in Bern mit
Michael Stettler und Sohn: Es muß einen eigentlichen Tschudi-
Komplex gegeben haben, eine Tschudi-Schreibstube.
Tschudi selbst nennt seinen Landsmann Hans Loriti alias Glareanus
einen Verwandten (Stettler: Tschudi-Vademecum, 15).