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Pfister - Alte Eidgenossen - Textblock - Dillum

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Eine Bauinschrift für das spätantike Kastell Vitudurum (Ober-<br />

Winterthur) führt nicht nur inhaltlich in die Barockzeit, sondern nennt<br />

auch eine Person, die fast synonym steht für die Fälschung der alten<br />

Schwyzer Geschichte:<br />

In einer pompösen Inschrift loben sich Diokletian und seine drei Mitherrscher,<br />

daß sie diese Wehranlage von Grund auf und auf ihre Kosten<br />

hätten errichten lassen (Walser, II, 178 f.).<br />

Aber statt die Großzügigkeit römischer Kaiser gegenüber Helvetien<br />

zu loben, stutzen wir über die Fundumstände. Die Inschrift nämlich<br />

kam schon im Mittelalter (Walser, II, 178) nach Konstanz. – Beiläufig<br />

gesagt ist das angebliche Mittelalter aber sehr lang; es dauerte über<br />

tausend Jahre!<br />

Bemerkt, kopiert und interpretiert hat diese Kastell-Inschrift allerdings<br />

erst „1520“ der damals 15-jährige (!) Gilg Tschudi, der nachmals berühmte<br />

angebliche Verfasser des Chronicons. Dieser hatte auch das<br />

Glück, daß er noch den ganzen Text lesen konnte, denn nach ihm ist<br />

der rechte Teil des Blockes auf unerklärliche Weise „abgebrochen“<br />

und „verschollen“.<br />

Die Inschrift aus Winterthur stammt aus dem Umkreis der Chronisten<br />

Stumpf und Tschudi. Diese haben die römische Geschichte Helvetiens<br />

geschaffen und chronologisch fixiert.<br />

Ebenfalls mit dem Namen Gilg Tschudi ist eine andere Inschrift verbunden,<br />

welche die gleichen haarsträubenden Überlieferungsschicksale<br />

und Fundumstände wie bei dem Winterthurer Dokument behauptet.<br />

„1536“ - also im Jahr der Eroberung der Waadt durch die Berner -<br />

habe der gleiche Aegidius Tschudi eine in die Kirchenmauer von<br />

Avenches verbaute Ehreninschrift für einen hohen senatorischen<br />

Beamten bemerkt und kopiert (Walser, II, 172 ff.).<br />

Tschudi sei damals als Condottiere (!) auf dem Weg nach Südfrankreich<br />

gewesen. – Wie der Mann nebenbei noch Zeit und Muße hatte,<br />

sich in waadtländischen Kleinstädten nach römischen Inschriften<br />

umzusehen, wird nicht erklärt.<br />

Obwohl die Inschrift also eingemauert war, ist der linke Teil der Platte<br />

später – schön sauber wohlgemerkt – „entzwei gebrochen und<br />

verloren gegangen“. - Tschudi hatte also die Gnade, daß er noch<br />

den ganzen Text lesen konnte – genau wie in Konstanz!

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