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Pfister - Alte Eidgenossen - Textblock - Dillum

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Die Sache mit den alten Handschriften ist auch von den langen Zeiträumen<br />

her zu widerlegen. Normalerweise stammt ein Text aus der<br />

Zeit, in der er überliefert worden ist – und das ist ausnahmslos die<br />

Neuzeit, wie wir sehen werden.<br />

Eine andere Masche, um ein angeblich hohes <strong>Alte</strong>r von Handschriften<br />

zu begründen, ist das oft verbreitete Märchen, daß irgendein findiger<br />

Forscher in einer Bibliothek oder einem Archiv längst vergessene<br />

Aufzeichnungen gefunden habe.<br />

Beispielsweise habe der Humanist Poggio Bracciolini – Conrad Ferdinand<br />

Meyer setzte ihm mit seinem Plautus im Nonnenkloster ein<br />

literarisches Denkmal – während des Konstanzer Konzils „1415 und<br />

1416“ mehrere Abstecher ins Kloster Sankt Gallen gemacht und dort<br />

zahllose römische Schriftsteller entdeckt: Quintilian, Valerius Flaccus,<br />

Pedianus, Lukrez, Silius Italicus, Ammianus Marcellinus (Baldauf,<br />

5 ff.).<br />

Aber die Quellen lassen einen im Unklaren, ob Poggio die Manuskripte<br />

abgeschrieben, ausgeliehen oder gestohlen hat. Und weshalb<br />

waren die Sankt Galler Mönche so ungebildet, daß sie nicht<br />

ahnten, was für literarische Schätze in ihrem Kloster herumlagen?<br />

Das ist nur eine von Dutzenden von haarsträubenden Auffindungsgeschichten,<br />

welche die Humanisten erfunden haben, um zu verheimlichen,<br />

daß sie selbst die Texte geschrieben haben.<br />

Die Handschriftenforscher haben sich unendliche Mühe gegeben,<br />

Schriften zu vergleichen und so einen „reinen“ Text, etwa der Bibel<br />

herzustellen. – Dabei vergessen die Gelehrten, daß diese Handschriften<br />

alle aus der gleichen Zeit stammen und sich somit kaum<br />

feststellen läßt, was älter oder jünger ist.<br />

Schlimmer noch: Hinter diesem Wirrwarr verschiedener Manuskripte<br />

steht eine bewußte Fälscherabsicht. - Weshalb etwa wurden vier<br />

Evangelien geschaffen, wo doch eine Frohbotschaft gereicht hätte?<br />

Auch bei Chroniken über die alte <strong>Eidgenossen</strong>schaft, etwa dem Berner<br />

Diebold Schilling, gibt es eine komplexe und letztlich unentwirrbare<br />

Folge von Fassungen. Aber dieses Durcheinander wurde künstlich<br />

geschaffen, um eine Entstehung über Jahre und Jahrzehnte behaupten<br />

zu können.<br />

Die „antiken“ griechischen und römischen Schriftsteller sind uns<br />

sämtlich nur aus „mittelalterlichen“ Handschriften überliefert. Aber<br />

aus welcher Zeit stammen diese?

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