Pfister - Alte Eidgenossen - Textblock - Dillum

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Und die Jahrzahl 1291 mag zwar als sinnstiftende historische Chiffre
erscheinen. Aber diese noch heute für die Grundlage eines Selbstverständnisses
der Schweiz zu halten, ist obsolet und absurd (Abbildung
31).
Das alte geschichtliche Paradigma gründete auf einem bestimmten
Glauben, der immer weniger geglaubt wird. Ein Wechsel wird geschehen,
auch wenn die beharrenden Kräfte in einer Gesellschaft
diesen hinauszögern.
Es sollte eine Daueraufgabe sein, die eigenen historischen Grundlagen
zu überprüften. Der Wandel kommt sonst abrupt und möglicherweise
in gewalttätiger Form.
Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges und unmittelbar danach gab es von
intellektueller Seite verschiedene Standortbestimmungen der
Schweiz. Man erinnert sich an Geisteserbe der Schweiz von Eduard
Korrodi oder Achtung: die Schweiz! von Max Frisch. – Vielleicht haben
diese dazu beigetragen, daß das Land einen schwierigen Abschnitt
seiner Existenz erfolgreich meisterte. – Aber eine Nation muß
in kurzen Abständen ihre ideellen und historischen Grundlagen
überdenken.
Der Sonderweg darf nicht dazu verleiten, diesen zu einem Mythos zu
überhöhen. Die Schweiz kann sich nicht länger erlauben, historische
Marotten als sinnstiftende Grundlage ihrer Existenz weiter zu pflegen.
Ein neues historisches Selbstverständnis ist nötig.
Vielleicht bekam die Schweiz schon um 2000 eine Vorahnung, was
geschieht, wenn man sich zu lange auf imaginärem Ruhm ausruht:
Trotz wahrheitsfindender „Historikerkommission“ gab das Land einem
internationalen Druck nach und bezahlte eine milliardenschwere
Summe als Entschädigung für angebliches Unrecht, welches bestimmte
Ausländer gegenüber der Schweiz während des Zweiten
Weltkrieges erlitten haben.
Bleibt der Festung Schweiz in Krisenzeiten nur der Ausweg, sich mit
Geld loszukaufen?
Noch immer geistert die alte Schwyzer Geschichte im Halbschatten
ihrer fiktiven Existenz herum.
Gewisse Fingerzeige deuten darauf hin, daß den Schweizern ihre
ruhmreiche Geschichte selbst nicht mehr gefällt. Sogar die Politiker
nennen zwar weiter Stichworte aus der mythischen Vorgeschichte