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Pfister - Alte Eidgenossen - Textblock - Dillum

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Feller kann deshalb so selbstsicher die Geschichte der Stadt darzustellen<br />

und deren Entfaltung als Werk der göttlichen Vorsehung hinzustellen,<br />

weil er getreu die chronikalischen Quellen wiedergibt. Für<br />

die ältere Zeit bis nach der Reformation sind das Justinger und Anshelm.<br />

Hat man die letzteren Chronisten analysiert, so versteht man auch<br />

Feller. Die Theodizee, die göttliche Bestimmung im menschlichen<br />

Handeln, welche der Geschichtsschreiber des 20. Jahrhunderts<br />

bringt, folgt teilweise wörtlich derjenigen der genannten alten Historiographen.<br />

Weil Feller unkritisch die alten Chronisten wiedergibt, fallen ihm auch<br />

die gröbsten Widersprüche in seiner Darstellung nicht auf. Er stellt<br />

keine Fragen, weshalb Bern „in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts“<br />

das Städtchen Aarberg insgesamt dreimal gekauft hat. Feller<br />

erkennt auch die anderen Merkwürdigkeiten in Berns Expansionspolitik<br />

nicht. So wird nicht hinterfragt, warum die Stadt häufig ein fremdes<br />

Städtchen kriegerisch einnimmt, um es nachher rechtmäßig<br />

durch Kauf zu erwerben – geschehen etwa mit Burgdorf.<br />

Auch sucht man bei Feller vergeblich nach einer Antwort, weshalb<br />

Berns Westpolitik, also die Beherrschung der Waadt, während drei<br />

Jahrhunderten erfolglos war.<br />

Noch gröbere Widersprüche treten hervor, wenn Feller die Bildung<br />

und das Latein in der Stadt behandelt. Getreu seiner fixen Meinung,<br />

daß hier die Außenpolitik den Vorrang über den Kommerz und die<br />

Bildung hatte, zeichnet dieser Historiker ein abstruses Bild der Bildungsverhältnisse<br />

im älteren Bern. Zwar hätte es schon „ab dem 14.<br />

Jahrhundert“ in der Stadt eine Lateinschule gegeben, aber diese sei<br />

nur auf die praktischen Bedürfnisse, also besonders die Kanzlei<br />

ausgerichtet gewesen:<br />

Zumeist erreichten geistige Bewegungen anderer Länder den Berner<br />

nicht. … Die geistige Speise blieb durch Jahrzehnte unerfrischt. …<br />

Berns Durchgang durch das Latein war dürftig, weil man nicht nach<br />

dem Geist trachtete, den das Latein erschloß … Mit dem Latein versagte<br />

sich Bern den gangbarsten Weg zur geistigen Welt. ... Die geistige<br />

Ausstattung darbte, weil die Kopfarbeit in Bern gering geachtet<br />

war (Feller, II, 57 f.).<br />

Die Idealstadt Bern war also eine geistige Wüste. Da verwundert,<br />

daß der Ort so bedeutsam wurde, obwohl er doch von Spießern beherrscht<br />

wurde. Und man kann kaum begreifen, daß Bern neben Zü-

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