Einführung in die Numerische Mathematik - Lehrstuhl Numerische ...
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6 Anwendungsbeispiel: dünner Balken<br />
werden. Die Lösung y ∈ C 2 ([0, 1]) ist e<strong>in</strong> unendlich dimensionales Objekt und kann mit<br />
diskreten Methoden nie komplett beschrieben werden. Daher müssen wir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten<br />
Schritt das Problem diskretisieren, also <strong>in</strong> e<strong>in</strong> endlich dimensionales Problem überführen.<br />
Der übliche Zugang hierzu ist, <strong>die</strong> Funktion y ∈ C 2 ([0, 1]) durch e<strong>in</strong>e Interpolierende y h (x)<br />
zu ersetzen. Hierzu zerlegen wir das Intervall I = [0, 1] zunächst <strong>in</strong> n + 1 diskrete Punkte<br />
0 = x 0 < x 1 < · · · < x n = 1, h = x i − x i−1 = 1 n , x i = ih.<br />
Wir wählen <strong>die</strong> Zerlegung äquidistant, d.h., je zwei benachbarte Punkte haben den Abstand<br />
h. Zur Interpolation der Funktion y(x) <strong>in</strong> den Stützstellen y i := y(x i ) wählen wir<br />
zwei verschiedene Zugänge aus Kapitel 3. Zunächst wählen wir <strong>die</strong> globale Lagrange-<br />
Interpolation:<br />
y n ∈ P n (I) = span{1, x, . . . , x n }.<br />
Zu gegebenen Stützstellenpaaren (x i , y(x i )) ist <strong>die</strong>se Interpolation stets e<strong>in</strong>deutig bestimmt,<br />
siehe Satz 3.6. Wir wählen <strong>die</strong> Lagrange-Darstellung:<br />
n∑<br />
n∏<br />
y n (x) = y i L (n)<br />
i (x), L (n)<br />
x − x j<br />
i (x) =<br />
. (6.5)<br />
x i − x j<br />
i=0<br />
j=1,j≠i<br />
Alternativ setzen wir y h (x) als stückweise l<strong>in</strong>eare Interpolierende zusammen:<br />
y h (x) ∣ = x − x i<br />
y i−1 + x − x i−1<br />
y i . (6.6)<br />
[xi−1 ,x i ] x i−1 − x i x i − x i−1<br />
Im Falle e<strong>in</strong>er h<strong>in</strong>reichend regulären Lösung y(x) gelten bei exakter Interpolation (d.h.<br />
falls y i = y(x i ) exakt bekannt s<strong>in</strong>d) <strong>die</strong> Abschätzungen<br />
‖y n − y‖ ∞ ≤ ‖y(n+1) ‖ ∞<br />
, ‖y h − y‖ ∞ ≤ h2<br />
(n + 1)!<br />
2 ‖y′′ ‖ ∞ , (6.7)<br />
siehe Satz 3.4 sowie (3.6). Bei der ersten Abschätzung haben wir wegen |x − x j | ≤ 1 ganz<br />
grob abgeschätzt mit:<br />
n∏<br />
|x − x i | ≤ 1.<br />
i=0<br />
Diese Abschätzung ist sehr pessimistisch, da <strong>die</strong> meisten Faktoren |x − x j | ≪ 1 sehr viel<br />
kle<strong>in</strong>er als e<strong>in</strong>s s<strong>in</strong>d.<br />
Die Diskretisierung der Aufgabe besteht nun dar<strong>in</strong>, <strong>die</strong> Klasse der möglichen Lösungen<br />
zu verr<strong>in</strong>gern. Anstelle e<strong>in</strong>es y ∈ C 2 ([0, 1]) lassen wir nur noch Polynome gemäß (6.5)<br />
bzw. (6.6) zu. Das unendlich-dimensionale Problem wird durch e<strong>in</strong> endlich-dimensionales<br />
Problem ersetzt. Die beiden diskreten Funktionen haben jeweils n+1 Freiheiten, von denen<br />
<strong>die</strong> Randpunkte y 0 = y n = 1 bereits bestimmt s<strong>in</strong>d. Diese n + 1 Freiheitsgrade werden<br />
durch n + 1 Gleichungen <strong>in</strong> den Stützstellen beschrieben:<br />
y n (0) = 0,<br />
y n′′ (x i )<br />
(1 + y n′ (x i ) 2 ) 3 2<br />
= µf(x i ), i = 1, . . . , n − 1, y n (1) = 0.<br />
Das Ergebnis ist e<strong>in</strong> nichtl<strong>in</strong>eares Gleichungssystem mit n + 1 Gleichungen und den n + 1<br />
unbekannten Koeffizienten y 0 , . . . , y n .<br />
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